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Staatspolitische Arbeitsgemeinschaft der Deutschnationalen Volkspartei

Quelle: Bundesarchiv Potsdam, Bestandssignatur (DNVP), R 8005/327 S. 33-38 (R)
(Abschrift. Hervorhebungen im Text und Erläuterungen in eckigen Klammern wurden von mir eingefügt)

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14. Arbeitsabend.
Freitag, den 06. Juni 1919 (Fortsetzung)

Thema: Stellung der Deutschnationalen Volkspartei zum Judentum

Pfarrer D. Traub: Ich könnte genau mit dem beginnen, was der Herr Vorredner gesagt hat, nicht nur aus praktischen Gründen, sondern weil ich mir gar nicht anmaße, mit diesem Problem fertig geworden zu sein, trotzdem ich mich mit ihm reichlich beschäftigt habe. Das beruht nicht auf politischer Feigheit, sondern auf der tatsächlichen Verwickeltheit aller dieser Gedanken. Ich möchte mich ganz kurz fassen. Radau ist für mich ausgeschlossen, auch in der feineren Form, daß man sich nicht überzeugen lassen will, und deshalb Mittel der Gewalt anwenden. Das verstehe ich unter Radau. Den lehne ich ab. Ich verwechsele damit nicht die Festigkeit einer Überzeugung. Auch ich lasse mir die meine von niemandem nehmen. Aber ich möchte ihr Recht nicht dadurch erweisen, daß ich sie mit Gewalt durchsetze. Auch in den Rassefragen kommen wir nicht zum endgültigen Ziel. Ich habe mich viel damit beschäftigt, je mehr ich's tue, desto mehr sehe ich, daß es zwecklos ist, nach äußerlichen Rassemerkmalen abzugrenzen. Man könnte sich vieles ersparen, wenn wir handelten nach der Art eines Mannes, der in der entschlossensten und doch vornehmen Behandlung der Judenfrage ein Beispiel gibt: Lagarde. Er war der leidenschaftlichste Antisemit, aber er hatte jüdische Freunde und war stolz darauf; er hatte selbst Juden ausgeholfen in persönlicher Not; hier liegt das Merkmal einer bestimmten Höhenlage.

Ich halte es nicht für richtig, daß man eine Gesinnung besonders in der Jugend heran erzieht; - "das ist ein Jude, also habe ich mit ihm überhaupt nichts zu schaffen," wobei ich einen gesunden Rassestolz für ein notwendiges Bedürfnis halte, der bewusst anerzogen werden muß. Aber es gibt in jeder "Rasse" Leute, mit denen eine persönliche Auseinandersetzung freundschaftlichen Lebens bereichert, wie mit denen des eigenen Geschlechts und der eigenen Nation. Ein Mann wie Cassel ist mir lieber als eine Figur wie Wermuth. Ich habe von seiner Festigkeit in preußischer Art mehr Respekt, als vor einem Christen, der kein Mann ist.

Wenn ich reiner Taktiker wäre, dann würde ich sagen: "gut, laßt doch die ganzen Judenfragen die Juden unter sich abmachen." Ich lese regelmäßig die "Deutsch-Jüdische Monatsschrift" und zugleich eine der interessantesten Schriften "Der Jude". Hier finde ich einen solchen Kampf der Juden unter sich selbst, daß ich mich nur wundere, wie wenig man oft von solchen Streitigkeiten weiß. Sie sind genötigt, sich erst im eigenen Lager zurechtzufinden. Als ich in Warschau in die kleinen Judenversammlungen ging, habe ich erst etwas gemerkt von einer Art der Weltauffassungen, die sich berührt mit enthusiastischer Mystik. Sie ist himmelweit verschieden von der Synagoge. Gerade die Führer einer gewissen deutschen Kultur unter den Juden sind für die Zionisten die schwersten Gegner, die sie am meisten bekämpfen. Denn hier sehen wir das Anlehnen an den nationalen Gedanken. Wir haben hier eine der stärksten Strömungen im Judentum vor uns. Es liegt eine wunderbare Kraft im Zionismus, mag man sich dazu stellen in freundschaftlichem oder feindlichem Sinne, als Gegner oder als Anhänger des Antisemitismus. Ich will die Frage nicht verfolgen, wieweit der entschlossene Antisemit sich mit dem Zionismus gerade beschäftigen muß. Jedenfalls ist der Zionismus eine bewusste nationale Bewegung, so international sie sich gegen allen "Nationalismus" wendet.

Machen wir uns kurz die großen Unterschiede zwischen Semiten und Germanen klar! Der germanische Geist ist unmittelbar, der jüdische Geist ist immer mittelbar. Der germanische Geist geht unmittelbar in die Tiefe; der jüdische begnügt sich mit Beobachtung und Objektivierung. Der germanische ist subjektiv, innig und tief reflektiert; der jüdische ist geschliffen und rein dialektisch. Der deutsche Geist ist mystisch, der jüdische intellektualistisch. Der deutsche Geist ist gottinnig; der talmudische Jude ist Rationalist.

Daß wir grundsätzlich diese Gefahren mit Entschlossenheit bekämpfen müssen, ist klar. Es gäbe wahrscheinlich gar keinen Antisemitismus, wenn wir nicht an zwei Erscheinungen des öffentlichen Lebens die Probe auf die Gefährlichkeit des Einflusses machen könnten, das ist die Presse und das Theater. Es ist nun einmal eine Tatsache, daß sogar viele deutschgesinnte Familien lieber eine prickelnde, glänzende Aufmachung in der Presse vorziehen und die ehrliche und trockene eines deutschen Blattes auf die Seite stellen.

Hier handelt es sich um eine innere Auseinandersetzung von Volk gegen Volk und Geist gegen Geist. Jene Anlagen des jüdischen Geistes sind von der größten Gefahr für unser Volk, das nicht die gleichen Waffen hat, sich zu wehren. Wie sollen wir uns wehren? - Wahrscheinlich werden Sie nur enttäuscht von mir, weil ich gesetzliche Maßregeln kaum nennen kann. Wir haben uns einen großen Teil der jüdischen Presse selbst großgezogen, das ist das Schlimme.

Ich halte es für unerträglich, daß die Ministerbank unseres deutschen Volkes heute eine Fülle von solchen Zügen zeigt, die nicht deutsch sind. Es wäre einfach das Gegenteil unverständlich, wenn das deutsche Volk nicht selbst ausspricht, "ich will von Deutschen regiert sein". Alles Gewicht lege ich darauf, daß wir uns positiv wehren. Wir sind nicht dadurch nur schlecht geworden, daß uns bestimmte Eigenschaften des jüdischen Geistes auf eine Bahn führten, auf der wir haltlos geworden sind. Wir sind dadurch schlecht geworden, daß wir in unserem eigenen Charakter nicht genügend Gegengift gegen diese Zersetzung besaßen. Ich komme immer wieder darauf zurück, daß ich keine positiven bestimmten Maßregeln nennen kann, welche uns wesentlich weiter bringen. Der Schluß der Ostgrenzen erscheint mir immer noch das einzig Greifbare. Selbstverständlich trete ich entschlossen dafür ein. Im übrigen wird es immer noch so bleiben, daß, wenn wir keine deutschempfindenden Männer haben, die jüdischen Kreise in die Höhe kommen, wenn wir aber deutsch klarsehende Männer besitzen, dann von selbst diese Gegenwirkung einsetzt und diese jüdischen Kreise merken, daß sie nichts zu sagen haben. Die freie Schweiz hat keine Juden und Jesuiten in der Regierung, weil die dortige deutsche Demokratie viel stärkere Schutzwälle der geistigen Kraft gehabt als wir Deutschen, die wir alle Fragen nach formaljuristischen Gesichtspunkten erledigen zu müssen meinen. Danken wir den Antisemiten, daß sie uns das gewissen schärfen, um die Gefahren zu sehen, die dem deutschen Wesen drohen. Hüten wir uns auf der anderen Seite ebenso bestimmt vor einem gewissen Pharisäismus und machen wer uns klar, daß die Losung politisch unfruchtbar ist, welche das Unheil auf die Juden schiebt. Diese Losung ist sehr bequem, aber die bequemste Politik ist noch lange nicht die beste. Das beste Abwehrmittel erscheint mir eine Erziehung unserer deutschen Jugend und unseres deutschen Gesamtvolks in den Schätzen des alten deutschen Geistes. Dann werden wir uns selbst alle ätzenden Einflüsse abwehren und auf der anderen Seite Maßregeln vermeiden, die ein Schlag ins Wasser sind.

Herr v. Hassell: Viele werden der Meinung sein, daß Herr Krämer die guten Seiten der Juden allzu sehr betont hat. Das mag richtig sein. Aber diese Kritiker sollten bedenken, daß in einer Versammlung wie der unseren wenig Anlaß gegeben ist, die andere Seite zu unterstreichen. Das wird ohnehin genügend in der Erörterung geschehen. Ich möchte dann darauf hinweisen, daß das Thema heute nicht allgemein lautet "Das Judentum", sondern "Die Stellung der Deutschnationalen Volkspartei zum Judentum". Es ergeben sich daraus die praktischen Fragen:

1. Wie soll der Deutschnationale sich im Innern, d. h. in der Partei den Juden gegenüber verhalten? Sollen wir Juden aufnehmen oder nicht?
2. Wie soll sich die Deutschnationale nach außen gegenüber dem Judentum verhalten, also in der Gesetzgebung usw.?

Ich bitte die Diskussion auf diese beiden Punkte zu beschränken. Der engere Ausschuß der Arbeitsgemeinschaft hat sich mit diesen Fragen bereits beschäftigt und ist zu folgendem Ergebnis gekommen:

Die Grundlage aller Auffassungen und Ziele der Deutschnationalen Volkspartei bildet das deutsche Volkstum, das mit allen Kräften zu pflegen und zu stärken ihre Aufgabe ist.
Die zersetzenden Bestrebungen, die die Grundfesten von reich und Staat zerstören und das deutsche Volkstum schwer geschädigt haben, sind zum erheblichen teil von undeutschen Elementen und von bestimmten jüdischen Kreisen getragen worden.
Der Kampf gegen diese Bestrebungen kann nicht ein Kampf gegen das Judentum als solches sein: dieses ist überhaupt nicht als ein fest abgegrenztes und geschlossenes Ganzes anzusehen. Der Kampf gilt einem bestimmten Geist, der von gewissen jüdischen Elementen zwar besonders gepflegt wird, aber weit über diese Kreise hinaus im deutschen Volke Boden gefasst hat.
Dieser Kampf kann daher nicht durch Ausnahmegesetze gegen die deutschen Juden und nicht durch lärmende hetze geführt werden, zumal eine feste Bestimmung, wer Jude ist, gar nicht möglich ist. Wir dürfen die Juden auch nicht aus unserer Partei ausschließen, sondern müssen alle nationalgesinnten Deutschen willkommen heißen.
Der Kampf muß - von der dringend erforderlichen Sperre gegen Osten abgesehen - positiv durch Erweckung, Stählung und Schulung aller Kräfte des deutschen Volkes geführt werden, damit der deutschnationale Gedanke unter entschlossener und schonungsloser Bekämpfung des Geistes der Zersetzung auf allen gebieten des öffentlichen Lebens den Sieg davonträgt.

Hauptschriftleiter Baecker: Die Stellung der Partei darf nicht antisemitisch, sondern sie muß positiv sein. Der Jude ist international - Deutschland fehlt das Nationalgefühl --, wenn dies vorhanden, dann ist die jüdische Gefahr geringer als jetzt. Wir müssen den Mut haben das Wort "Jude" auszusprechen.

Maschinenarbeiter Dur: Für ihn gibt es keine "Judenfrage"!! Wie wir uns weiter mit dem Judentum zu befassen haben, ist in folgenden 3 Punkten festzulegen: 1. in wirtschaftlicher Beziehung, 2. in völkischer Beziehung, 3. in nationaler Beziehung.

Dr. Bucherer bestreitet, daß Deutschland nicht ohne Juden auskommen kann. Hat nichts gegen den einzelnen Juden.

Oberpostinspektor Siebert: Die Rede des ersten Referenten ist eine Lobrede, wie sie nicht erforderlich war. Wir haben die Pflicht, den Radau zu bekämpfen. - Traub ist der gegebene Mann dazu, die Übergriffe des Judentums abzuwehren. Weite Kreise des Volkes haben den dringenden Wunsch, daß den Übergriffen des Judentums entgegen getreten wird.

Herr v. Hassell betont die Notwendigkeit, zu praktischen Ergebnissen zu gelangen. Wenn man Juden ausschließen oder gegen Juden Gesetze machen wolle, so müsse man zuerst einmal wissen, was Jude ist. Wo fängt der Begriff an, wo hört er auf? Die Taufe ist nicht maßgebend, die Rasse ist aber auch durch eifrigste Stammbaumschnüffelei nicht zweifelsfrei zu bestimmen.

Dr. Krohne: Wir sind politisch das unreifste Volk der Welt. - Schuld ist das deutsche Volk selbst, daß es die Juden hat so hoch kommen lassen. Unser Volk hat das Verständnis für Rassefragen verloren.

Unsere Partei muß den Mut haben, in der Öffentlichkeit Stellung zur Judenfrage zu nehmen und die Regierung auf die Zustände, die wir jetzt haben, die Gefahr und auf das schwere Unrecht, das man dem deutschen Volke tut, hinzuweisen. Das Volk muß ein recht haben, sich zu wehren, daß es nicht ausschließlich von Juden geführt wird. Der Regierung muß gesagt werden, wie sie dazu kommt, daß sie überall Juden beruft; kann es das deutsche Volk nicht selber, müssen das Juden sein?

Ist der Weg gegeben durch das, was Dr. Traub sagte? Ich stimme Herrn Dr. Traub zu. Einzig und allein durch eine ganz strenge deutschnationale Erziehung können wir die Gefahr überwinden. Nur wenn wir politisch reif sind, dann wird uns das auch gelingen!

v. Beaulieu: Wir müssen volksaufklärend wirken und wieder das Volk zum Deutschtum zurückbekehren.

Fräulein Behm: Die Ausführungen der beiden Referenten waren außerordentlich gut. Sie haben sie sehr tief gefasst. Ich selber war früher Antisemit. Jetzt bin ich leidenschaftlicher Feind des Antisemitismus Wir müssen stark genug sein. Wir müssen so deutsch sein, daß das Hässliche des jüdischen Geistes wirkungslos an uns abprallt. Mich macht kein Jude jüdisch. Und wenn wir so stark sind, dann kann uns weder eine fremde lehre noch eine fremde Lebensart zu Knechten machen. Wir können unsere Zukunft nur bauen, wenn wir stark deutschnational werden. Das ist auch möglich, wenn wir Juden aufnehmen. Ich kenne Juden, die so deutschnational denken wie wir und die müssen wir in unsere Partei aufnehmen.

Wir sind die Schuldigen! Wenn wir wollen, kann uns kein ungünstiger Einfluß beeinflussen. Wir müssen uns untereinander stark machen, daß kein, fremder, schlechter Einfluß an uns heran kann und stark machen im Deutschtum. Unsere Sorge muß sein, eine deutschgerichtete Regierung zu bekommen.

Herr v. Hassell: Ich danke den Herren Referenten für ihre Worte und möchte noch sagen, daß ich keinen Weg kenne, Juden fernhalten zu können. Es versteht sich von selbst, daß wir sie nicht verstoßen können. Zur Erziehung des deutschen Volkes wollen wir hier beitragen.

Literaturhinweise