Weimarer Republik


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Erläuterungen zur Sitzung Nr. 191,
1. Legislaturperiode


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Zwangsanleihen für Vermögende (Quelle: Handelsblatt vom 23.11.2014) "Wenn der Staat trotz alledem nicht genug Leute findet, die ihm Geld leihen, kann er noch einen Schritt weiter gehen. Manchmal hilft dann auch Zwang. Nach dem Ersten Weltkrieg experimentierte die Politik mit Zwangsanleihen. Auf dem Kapitalmarkt konnte sich das Deutsche Reich nicht mehr finanzieren, gleichzeitig musste es aber Reparationsforderungen aus dem Versailler-Vertrag bedienen. Also führte man eine Zwangsanleihe ein. Zur Zeichnung der Anleihen waren ab 1. Januar 1923 alle vermögensteuerpflichtigen Bürger mit einem Vermögen über 100.000 Mark verpflichtet. Sie mussten von den ersten 100.000 Mark ein Prozent in Anleihen tauschen, von den nächsten 150.000 Mark zwei Prozent, und so weiter. Der Höchstsatz war bei einem Vermögen von einer Million Mark und einem Satz von zehn Prozent erreicht. Die Rückzahlung sollte im Jahr 1925 erfolgen. Dazu kam es allerdings nicht, da die Anleihen durch die Hyperinflation in den ersten Jahren der Weimarer Republik vollständig entwertet wurden.

Die Idee der Zwangsanleihe ist keineswegs tot. 2012 schlug das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) vor, Vermögende sollten per Gesetz zum Kauf von Staatsanleihen gezwungen werden. „Damit wäre ein wichtiger Schritt zu einer Konsolidierung der öffentlichen Haushalte getan, und wachstumsfördernde Reformen würden erleichtert“, erklärte Stefan Bach vom DIW. Das Institut rechnete aus, dass eine Abgabe von zehn Prozent auf Vermögen von über 250.000 Euro allein in Deutschland rund 230 Milliarden Euro in die Kassen des Staates spülen würde. Betroffen wären acht Prozent der Bevölkerung.

Das Praktische an Zwangsanleihen: Der Staat könnte seine Bürger nicht nur zum Kauf von Schuldscheinen zwingen, sondern auch noch die Bedingungen diktieren. Der Zins der Papiere läge selbstverständlich unter dem, was auf dem Markt bezahlt werden würde."

Solche staatlichen Eingriffe in die Vermögsverhältnisse privater Haushalte sind bis heutezu politischer Sprengstoff durch den Koalitionen scheitern und Wahlen verloren werden können. Für die klassenideologische Auseinandersetzung in der Weimarer Republik aber hatte es für den Klassenkampf von oben geradezu Akzeleratorwirkung und bot Stoff für zügellose Demagogie gegen die Repunblik und ihre Repräsentanten. In der Verteidigung des Besitzes wurden agitatorisch alle Register gezogen: Dolchstoßlegende, Kriegsschuldlüge, Antisemitimus, "Vaterlandsverrat". Und natürlich die Behauptung, es handle sich bei der Zwangsanleihe um Sozialisierung des Besitzes auf kaltem Wege: also "Kommunismus" durch die Hintertür.

Weiter im Thema:RT 193 , RT 194 , RT 195 , RT 196 Den Kommentar zu RT 194 könnte man einleiten mit der Frage: 'Wer ist der ärgste Feind der Arbeiterklasse? Der Kapitalist---? Nein! Der ägste Feind der Arbeiterklasse ist der Alkohol.' Nun setzen sich aber in dieser Debatte die Vertreter des Proletariats für die Verhinderung der Erhöhung der Biersteuer ein, damit dem Proletariat nicht auch noch die letzte Art von Lebensfreude genommen werde---. Und wenn schon Biersteuer, dann zu Gunsten des Wohnungsbaus. Wenn hier die Vertreter der Notleidenden auch versuchen, etwas auf die Tränendrüsen der Parlamentarier zu drücken, beschreiben sie in ihrer Gesamtdarstellung dennoch einen ungeheuerlichen sozialen Notstand, wie er in den meisten Großstädten herrschte. Verusacht durch Krieg und Reparationszahlungen, aber auch durch Klassenegoismus und der Verweigerung eines Sozialstaatsgedanken. Ein Denken, das in weiten Teilen des gehobenen, konservativen Bürgertums vorhanden war.

Literaturhinweise

Deutscher-Arbeiter-Abstinenten-Bund