im unbesetzten Gebiet die allerschlimmsten Formen angenommen. Was das besetzte Gebiet angeht, so brauche ich doch nur darauf
hinzuweisen, wie es in Mülheim zugegangen ist, wo doch ganz offenkundig mindestens das Wohlwollen, wenn nicht sogar die
Unterstützung der fremden Eindringlinge der kommunistischen Erhebung zuteil geworden ist.
(Sehr richtig! im Zentrum.)
Ich muß ganz offen sagen, daß ich es bei dieser Sachlage nicht verstehe, wie der Herr Abgeordnete Scheidemann am Samstag
sagen konnte: die Kommunisten sehen ein, daß sie nicht mit dem Kopf durch die Wand rennen können, sie haben von Gewalt Abstand genommen.
(Sehr richtig! bei den Kommunisten.)
Sowohl die deutschvölkische und nationalsozialistische wie die kommunistische Bewegung sind nach unserer Überzeugung gegen
die Staatsautorität, gegen die Verfassung gerichtet.
(Sehr wahr! im Zentrum.)
Sie haben der freien Entwicklung der deutschen Republik Kampf, sie haben ihr Gewalt angesagt.
(Zuruf von den Kommunisten: Diktatur des Kapitals!)
Und wenn die Republik, wenn die Regierung des Reichs und der Länder gegen diese Auswüchse von rechts und links alle staatlichen
Machtmittel anwendet, so findet das unsere volle Billigung, unsere volle Unterstützung.
(Lebhafte Zustimmung im Zentrum.)
Mit allem Nachdruck müssen wir aber verlangen, daß das mit demselben Nachdruck nach rechts wie auch nach links geschieht, und
weiter, daß es insbesondere gegenüber diesen illegalen Kampforganisationen geschieht, die sich unter dem schönen Namen
"Selbstschutz" rechts wie links bilden.
Meine Damen und Herren! Diese Selbstschutzorganisationen, wie wir sie jetzt entstehen sehen, haben nicht das
geringste mit dem Selbstschutz zu tun, wie er seinerzeit in Oberschlesien infolge des Einfalls der polnischen
Banden sich gebildet hat, wie er dort notwendig gewesen ist. Ich verkenne auch gar nicht, daß heute derartige
Selbstschutzorganisationen noch nötig sein können, aber doch nur in der Art, daß sie sich in die Exekutive des
Reichs und der Länder voll einfügen.
Die Organisationen, mit denen wir es hier zu tun haben, sind aber ganz andere Organisationen. Was bezwecken sie?
Sie wollen doch lediglich unter dem Vorwand der Aufrechterhaltung der Ordnung letzten Endes disziplinierte und mobile
Garden im Dienste einer politischen Partei schaffen.
(Sehr richtig! im Zentrum. - Widerspruch bei der Deutschvölkischen Freiheitspartei.)
- Ich freue mich, daß Herr Abgeordneter Henning dazu "Sehr richtig" ruft.
(Abgeordneter Henning: Ich habe gesagt: sie denkt gar nicht daran!)
- Ich hatte das eben so verstanden. - Meine Herren, wir wollen das um so weniger dulden, als sich die politischen
Führer der hinter diesen Organisationen stehenden Parteien doch alle für eine Änderung der Verfassung mit Gewalt aussprechen.
(Abgeordneter Henning: Na nu? Wer hat sich denn von uns so ausgesprochen?)
- Herr Hitler!
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(Abgeordneter Henning: Aber Sie sagen "alle"!
Von uns hat es jeder bestritten!)
Meine Damen und Herren! Wir sehen mit steigender Besorgnis die wachsende Organisierung dieser Kampforganisationen, die
doch geradezu heutzutage in aller Öffentlichkeit ihren Fortgang nimmt. Wir sehen vollkommen militärisch gerüstete
Organisationen auf beiden Seiten. Die "Rote Fahne" berichtet mindestens wöchentlich mit Vorliebe über die Fortschritte
der Tätigkeit der Organisationen der proletarischen Hundertschaften.
Ich erkenne nun an, daß der preußische Minister des Innern in seinem bekannten Erlaß vom 22. März gleiche Maßnahmen nach
rechts wie nach links angeordnet hat. Er hat das auch bei den Verhandlungen im preußischen Landtage unterstrichen und
neuerdings in der ja schon von dem Abgeordneten Grafen v. Westarp erörterten neuen Verfügung erneut angeordnet. Aber das
eine muß auch gesagt werden. Wie sieht es denn in anderen Ländern, wie sieht es in Sachsen, wie sieht es in Thüringen aus?
(Sehr gut! rechts. - Zurufe von den Vereinigten Sozialdemokraten.)
- In Sachsen bilden nach unserer Überzeugung diese Kampforganisationen der Arbeiter geradezu einen Teil des neuen Regierungsprogramms.
(Sehr richtig! im Zentrum und rechts.)
Und aus Thüringen hören wir doch immer von neuem von dem Aufleben neuer kommunistischer Hundert-schaften. Dasselbe ist auch in
anderen Teilen des Reichs der Fall. Auch hier kommen immer neue Nachrichten von dem Aufleben derartiger illegaler
Kampforganisationen, in denen die Drahtzieher von links - seien wir uns darüber klar - nichts anderes sehen als den Grundstock einer neuen roten Armee.
Allen diesen Bestrebungen gegenüber halten meine politischen Freunde daran fest, daß die Exekutive nur von Reich und Staat ausgeübt werden darf.
(Sehr richtig! im Zentrum.)
Alle Mittel der Gewalt dürfen nur von verfassungsmäßigen Behörden ausgeübt werden.
(Zustimmung im Zentrum.)
Wir stehen im besetzten Gebiet für die Erhaltung von Reich und Staat3 mit ungebrochenem Mute im Kampf, am Rhein, an der
Ruhr, an der Saar. Trotz einer Blut- und Schreckenspolitik ohnegleichen stehen wir aufrecht da. Wir verlangen aber auch
das eine, und das ist: fort mit dem inneren Hader!
(Sehr gut! im Zentrum.)
Solche Auseinandersetzungen, wie wir sie in diesen Tagen gehört haben, wollen wir aus dem besetzten Gebiet nicht, solange der
Feind im Lande steht, solange seine Gewalt auf uns lastet.
(Sehr richtig! im Zentrum.)
Wir stellen uns daher hinter die Reichsregierung, hinter die preußische Regierung, wenn sie sich ihrer vaterländischen Pflicht
bewusst ist und bleibt in der Abwehr aller Angriffe auf Verfassung und Republik, mögen sie kommen von rechts, mögen sie kommen von links.
(Lebhafter Beifall und Zustimmung im Zentrum.)
3S.11032B
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