1. Reichstag, Weimarer Republik


Titelseite RT 32.html oder Zurück zur Homepage

Weiterführende Links

Emil Höllein
Philipp Scheidemann
Kuno Graf Westarp

Weitere Stichworte:
Der Fall "Slarz"

Rudolf Wissel
Stinnes-Legien-Abkommen

Erläuterungen zur Sitzung Nr. 32, 1. Legislaturperiode

In dieser Debatte geht es um Korruptionsfälle und "Verschiebungen" größerer Geldsummen ins Ausland. Die Motive, die dahinter stehen, sind: Antisemitismus und Klassenkampf. In der Debatte werden verschiedentlich jüdische Namen genannt(Levy, Grußer, Sklarz). Diese Namen wurden von der nationalistischen DNVP und den Völkischen mit der SPD/USPD/DDP und der "Revolution" in Verbindung gebracht mit der Behauptung, Korruption und Schwarzgeschäfte seien typisch für das neue, demokratische System, typisch für die "Judenrepublik". Unter der Monarchie hätte es sowas nicht gegeben. Abgeordneter Müller tritt nun aber mit der Belastung der Fürstenhäuser den Gegenbeweis an. Der Nebensinn dieser Debatte ist die Zurückweisung der unterschwellig antisemitischen Verunglimpfungen gegen die demokratischen Parteien und das demokratische System. Ein weiteres Motiv ist die Frage nach der gerechten Verteilung der schweren finanziellen Lasten, die aus dem verlorenen Krieg erwachsen sind. Die Rechten versuchen sich zu entlasten durch die Behauptung, die Lasten wären nicht so drückend, wäre die Revolution (also die "verjudete Linke"), dem siegreichen Heer nicht in den Rücken gefallen. Die sogenannte Dolchstoßlegende diente u.a. den Rechten zur Zurückweisung von Forderungen, die Bürgerlichen, das Kapital und der Großgrundbesitz müßten stärker belastet werden, als Arbeiter und Angestellte. Der Behauptung der Linken, aus den Reihen der Deutschnationalen und des Bürgertums seien ja auch die Kriegstreiber und Verhinderer des Verständigungsfriedens gekommen - weshalb sie auch für die Niederlage und die daraus erwachsenen Reparation (Versailler Vertrag)zu zahlen hätten -, traten die Deutschnationalen mit der Dolchstoßbehauptung entgegen und mit antisemitischen Verschwörungstheorien.

Abgeordneter Kahl: Deutsche Volkspartei (DVP), eine Partei des National- bzw. Wirtschaftsliberalismus, später auch "Stresemannpartei" genannt. Galt 1920 noch als eine potentielle Unterstützerin der DNVP, solange, bis die Völkischen innerhalb der DNVP den Antisemitismus zu zügellos betrieben. Von da ab ging zumindest die Parteispitze zur DNVP etwas auf Distanz.

Abgeordneter Höllein (USPD)
Abgeordneter Scheidemann (SPD)
Abgeordneter Graf Westarp (DNVP), ehemals Deutsch-konservative-Partei im Kaiserreich, Fraktionsvorsitzender der DNVP, später auch einige Zeit ihr Vorsitzender, war der politische Mentor Wulles und der Völkischen in der DNVP. Er plädierte stets für deren Verbleib in der DNVP, um so der aristokratisch ausgerichteten Partei im demokratischen System eine Massenbasis zu verschaffen.

"Loch im Westen…" Damit ist die offene Grenze am Rhein gemeint. Das Rheinland war von alliierten Truppen besetzt.

"überperönliche Lebenseinheit des Volkes..." (S.22)
Westarp meint hier die 'überpersönliche Wesenheit des Staates'. Eine Staatsauffassung, die der heutigen Vorstellung vom Staat als Serviceeinrichtung für seine Bürger entgegensteht. Der Staat ist bei Westarp das "höhere Wesen", das dem Individum erst seinen Sinnhorizont und seine Daseinsberechtigung gibt. Daß er hier "Staat" durch "Volk" ersetzt, ist eine gewisse Anbiederung an die Völkischen, die er umwirbt und deren Auffassung vom Staat eigentlich eine ganz andere als die seinige ist.

Hölleins Polemik gegen die SPD (S.20/21) richtet sich gegen das Stinnes-Legin-Abkommen und gegen Rudolf Wissell (SPD). Sie wollten den Klassenkampf dadurch überwinden, indem sie Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei aller Unterschiedlichkeit der Interessen doch als Sozialpartner im Wirtschaftsleben einer Nation ansahen.Das widersprach der kommunistischen Klassenkampfideologie. Das Scheitern Wissels und Legins gab dieser Ideologie im nachhinein Auftrieb.

Literaturhinweise

Dolchstoßlegende