1. Reichstag, Weimarer Republik


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Hermann Müller (SPD)

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Londoner Konferenz 1921

Chronik 1921

Erläuterungen zur Sitzung Nr. 97, 1. Legislaturperiode

Würde man die Ereignisse im Reichstag des Jahres 1921 und folgende als ein Bürger der Siegerstaaten betrachten, so zwänge sich ein Vergleich mit Aischylos Theaterstück "Die Perser!" auf:

Xerxes: "Geschlagen! Welch ein Schicksal für währende Zeit"

So wie auf den griechischen Bühnen die Perser als sich selbst bedauernde und bejammernswerte Kriegsverlierer zum Ergötzen des griechischen Publikums dargestellt wurden, so bot auch der Reichstag dem Ausland ein Jammerspiel. Bis zur Selbstzerfleischung machten sich die Parteien im Reichstag wechselseitig für die nationale Katastrophe verantwortlich. Die Weimarer Koalitionäre (SPD, Zentrum, DDP) beschuldigten die Politiker der DNVP (in ihr saßen die meisten Verantwortlichen des Kaiserreichs)für die Katastrophe verantwortlich zu sein, weil sie 1917 die Friedensgespräche mit den Alliierten hintertrieben hätten. Die Rechten ihrerseits machten die Koalitionäre (vorwiegend aber die SPD) für den verlorenen Krieg verantwortlich, weil sie auf mannigfache Weise die Wehrkraft zersetzt hätten und am Ende dem "siegreichen Heer" noch mit der Revolution in den "Rücken gefallen" seien. Die Kommunisten aber machten die gesamte Bourgeoisie (zu der sie auch die SPD! zählte) für das Elend verantwortlich, weil sie in nationaler Verblendung einen aus Militarismus und Wirtschaftsimperialismus heraus motivierten Krieg geführt hätten. Die Völkischen innerhalb der DNVP jedoch erklärten die Katastrophe mit Verschwörungsmythen, in denen der Antisemitismus eine zentrale Rolle spielte. Damit boten sie den leidenden Verlierern einen Blitzableiter für ihre vielschichtigen Frustrationen an. Eine Überlegung, die von den Deutschnationalen (ehemals Deutschkonservative, Nationalliberale und Vaterlandspartei) als vielversprechende Strategie aufgenommen wurde, um so, durch das Erzeugen eines falschen Problembewußtseins, die inneren Zwistigkeiten im Rahmen einer Sammlungsbewegung - so unpolitisch wie möglich - zu überwinden. Hinter allem aber verbarg sich jedoch auch der Verteilungskampf um das Volkseinkommen, die Verteidigung von Privilegien, gesellschaftlichen Positionen sowie die Systemfrage: Demokratie oder Monarchie.

In den folgenden Debattenauszügen RT 97, 98 und 103 geht es um die Reparationszahlungen, Wiedergutmachung und um die Frage, wie man glaubte, auf lange Sicht aus der Misere hinauszukommen.

Literaturhinweise