1. Reichstag, Weimarer Republik


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Walther Rathenau (DDP)
Karl Helfferich (DNVP)
Walter Stöcker (KPD)

Weitere Stichworte:
Das Saargebiet
Artikel 48, Notverordnungen

Erläuterungen zu den Sitzungen Nr. 231, 233, 234 und 235
1. Legislaturperiode

Die Reichstagssitzungen Nr. 231 und 233 werden am Vorabend der Ermordung des Außenministers Rathenau abgehalten. In diesen Beiden Sitzungen treffen Rathenau und Helfferich als Redner aufeinander. Helfferich attackiert in seiner Antwortrede Rathenau in gleicher Weise, wie er es in den Jahren zuvor bereits mit dem ermordeten Finanzminister Erzberger getan hatte. Er unterstellt der Regierung Wirth/ Rathenau unlautere Motive. Er nennt Sie Erfüllungsgehilfen der Siegermächte - im Besonderen Frankreichs - die es auf die Vernichtung der deutschen Wirtschaftskraft abgesehen hätten. Und aus diesem Grund, da das Ausland sein zerstörerisches Werk nur umsetzen könne, wenn es im Inland entsprechende Kräfte gäbe, die bei der Realisierung behilflich seien, gehöre diese Regierung vor den Staatsgerichtshof.

Inhaltlich geht es um den Status des neutralisierten Rheinlandes und um dort durchgeführte Demontagen durch die Siegermächte, besonders aber um die Situation des Saarlandes und das erkennbare bestreben Frankreichs, das Saarland mit und mit aus dem deutschen Reich dauerhaft herauszulösen. Ein wesentlicher Punkt, der von Helfferich (DNVP) gegen Ende seiner Rede angesprochen wird, ist der Wille der Siegermächte, Einblick in die Steuererklärungen privater Personen nehmen zu wollen und zu dessen Zweck die Reichsregierung entsprechende Gesetze erlassen soll.

Die Siegermächte verfolgen damit den Zweck, die Wohlhabenden und Reichen stärker zur Begleichung der Reparationen, die von Helfferich Kontributionen genannt werden, heranzuziehen. Die Siegermächte hatten nach wie vor Zweifel an der Aufrichtigkeit der Reichsregierung, daß sie wirklich gewillt sei, den Reparationsforderungen voll und ganz nachzukommen. (Siehe hierzu die Reichstagsrede Nr. 196. in der der Reichskanzler Wirth sich brüskiert darüber zeigt, daß die Siegermächte sein "Steuerkompromiß" zurückgewiesen hatten, weil die Wohlhabenden fast ungeschoren davon kamen, während das Gros der Bevölkerung mit allerlei neuer Verbrauchssteuern belastet wurde.)

Die Reichstagssitzung Nr. 234 ist die Totenehrung des ermordeten Außenministers. Der turbulente und von Gewaltandrohungen gegen DNVP-Politiker begleitete Verlauf ist bereits ein Vorgeschmack auf künftige Debattenschlachten und spiegelt zugleich auch die polarisierte und gewaltbereite Stimmung im Lande wider.

In der Reichstagssitzung Nr. 235 vom gleichen Tag, erfolgen aufgrund der Ermordung des Außenminsiters die "Verordnung zum Schutz der Republik" gemäß Artikel 48 der Reichsverfassung.

Literaturhinweise

"Verschwörung gegen die Republik"
Film, 45 Min., Sender Phönix
"Reichsminister Rathenau ermordet"
Zeit Online, 1992