1. Reichstag, Weimarer Republik


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Wiederaufbaus unserer Überseebeziehungen von dem Reichstag erfasst wird und daß das Symbol dieser großen deutschen Aufgabe erkannt wird, und daß nicht ohne die schwarz-weiß-rot Flagge, die als Handelsflagge gewiß nicht verdient heruntergeholt zu werden, diese Wiederaufbauarbeit geleistet werde.

(Lebhafter Beifall rechts.)

Präsident: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. David.

Dr. David, Abgeordneter: Meine Damen und Herren!5 Wenn man sieht, wie diese Eingabe und wie die Deutschnationalen auch sonst gegen die schwarz-rot-goldene Fahne vorgehen, so wird hinsichtlich der Auslandsdeutschen manches klar.6 Die Eingabe bringt eine zahlreiche Kette von gehässigen Äußerungen gegen die Farben der Republik. Eine davon will ich noch mitteilen, denn sie ist auch in anderer Beziehung bedeutsam. Die in der Eingabe zitierte "Lüderitzbuchter Zeitung" aus dem ehemaligen Deutsch Südwest schreibt: Wir wollen vom schwarzrot-goldenen Lappen

(Pfuirufe bei den Sozialdemokraten)

in unserer schwarz-weiß-roten Flagge keine Spur sehen. Auf diesem Standpunkt - behauptet das Blatt - stehe dort, was deutsch denkt, und dann heißt es weiter, man höre, daß zu Hause ein Volksentscheid geplant sei, der darauf hinausgehe, "die schwarz-rot-gelbe Reichsflagge überhaupt niederzuholen".

(aha! Bei den Sozialdemokraten)

Zum Schluß heißt es dann wörtlich:
Jetzt, wo aufgrund der Eingabe, die Gewißheit der Beseitigung der Revolutionstrikolore winkt, stellen wir uns selbstverständlich freudigen Herzens in die Reihe der völkischen Bewegung, die gleich ganze Arbeit machen und das teure Schwarz-weiß-rot wieder zu Deutschlands alleiniger Flagge auferstehen lassen will.

(Hört! Hört!)

Das drucken die Eingabe an den Reichstag der deutschen Republik ab, als Begründung des vorliegenden Antrags.

(Hört! Hört! bei den Sozialdemokraten.)

Das ist gewiß bezeichnend genug. Der Mann aus Lüderitzbucht ließ aber auch die Katze ganz aus dem Sack. Er ist offenherzig; Aus der Luft kann er mit dem Volksentscheid das ja nicht gegriffen haben, sondern er muß damit wohl etwas verraten haben, was man in Rechtskreisen plant, nämlich den Volksentscheid, der aufs Ganze geht.

(Zuruf rechts.)

Ja, sagt Herr Gildemeister. Vorhin hat er noch gemeint, die Geschichte hier habe gar nichts mit politischen Dingen zu tun. Jetzt sagt er: jawohl, das planen wir. Also die Herren, die so etwas planen, stellen sich da her und erklären beim ersten Vorstoß: haben Sie bitte keine Angst, es handelt sich nur um eine kurze Hinausschiebung der Verfassungsdurchführung; wir wollen doch nur schiffahrtstechnischen Gründen Rechnung tragen. Nein, meine Herren, worauf es


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hinausläuft, das wissen wir ganz genau. Wenn Sie auf dem Wege fortfahren und diese Sache in unser Volk als Kampfmittel hineintragen, - wir werden unseren Mann stehen und werden den Kampf kämpfen. Es wird dann gelten: die Fahne der Republik oder die Fahne der Monarchie. So wird die Parole lauten.

(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten. - Zurufe von der Deutschen Volkspartei.)

- Ja, Herr Kollege Kahl, so und nicht anders! Wir werden kämpfen für die Republik, gegen die Monarchie

(sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.)

und ihre Abzeichen. Wir werden dann ja, wer den Sieg davon trägt. Ich bedauere aber tief, daß man in unser Volk in einer Zeit, wo innenpolitische Gegensätze und außenpolitische Schwierigkeiten sich so gewaltig türmen, daß sich wirklich jeder besinnen sollte, die Gegensätze noch zu verschärfen.

(Zurufe rechts: Das sind Unterstellungen!)

Es ist amüsant, kann man geradezu sagen, diese Eingabe und die darin abgedruckten Briefe durchzusehen - es sei eine besondere gute Auslese, sagt die Eingabe,; sie habe noch mehr -, Man kann wirklich nur mit dem Kopf schütteln über die Unwissenheit, die sich da spreizt und auf den öffentlichen Markt geht. Da wird Schwarz-Rot-Gold nach allen Richtungen hin diskreditiert, es wird hingestellt als eine ganz neue Erfindung von Sozialisten und natürlich Juden,1 die müssen selbstverständlich bei allen Schandtaten mit dabei sein. Es heißt da unter anderem: die Fahne sei den Köpfen von Phantasten entsprungen, ein anderer nennt sie traditionslos, ein anderer sagt, es sei eine Flagge, die an nichts erinnere. Besonders aber tritt die Behauptung hervor, die Flagge sei undeutsch.

(hört! Hört! Bei den Sozialdemokraten)

Schwarz-Weiß-Rot sei die eigentlich deutsche Flagge.

(Sehr richtig! Rechts.)

Ein Herr auf der Börsenversammlung in Hamburg, von der ja die Eingabe ausgeht, der Vorsitzende des Zentralvereins deutscher Reeder, Direktor Böger, erklärte, jeder, in dem noch der deutsche Geist wach geblieben sei, werde auf immer die Flagge schwaz-weiß-rot hochachten.

(Sehr richtig! Rechts.)

Sehr richtig, sagen Sie. - Sehr unrichtig! In der Geschichte hat Schwarz-Rot-Gold einen viel gewichtigeren Anspruch, das Symbol der deutschen Nation zu sein, als das Schwarz-Weiß-Rot. Es ist dem Geschichtsunterricht des Obrigkeitsstaates zu danken mit seinen Geschichtsfälschungen, mit seiner Fürstenverherrlichung, mit seinem Verschweigen der wirklichen Tatsachen, daß solche Auffassungen überhaupt in der Öffentlichkeit vertreten werden können, ohne durch den Fluch der Lächerlichkeit getötet zu werden. Also die Männer, die das Schwarz-Rot-Gold verehren, haben keinen deutschen Geist, sagt der Direktor des Reedervereins. Sie, Ernst Moritz Arndt, Thurnvater Jahn, die alten Burschenschafter, Fritz Reuter, Uhland und viele, viele andere Vorkämpfer der großdeutschen


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