1. Reichstag, Weimarer Republik


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alten Deutschlands ist? Ja, dann können Sie (nach rechts) eines Tages komme und sagen: mit Rücksicht auf die Auslandsdeutschen muß die Monarchie in Deutschland wiederhergestellt werden; denn die Auslandsdeutschen wollen von der Republik selbst so wenig wie von ihren Symbolen das allergeringste wissen! Es ist hier schon von Herrn Kollegen Dr. David darauf hingewiesen worden, wie die Stimmung bei den Auslandsdeutschen zustande kommt. Wir wissen es doch sehr genau, daß die deutschen Blätter in Brasilien, Argentinien und Chile geistig genährt werden - soweit von Geist dabei die Rede sein kann -

(sehr gut! links.)

in erster Linie von Journalisten und Parlamentariern, die den reaktionären Parteien des Deutschen Reiches angehören.

(Sehr richtig! bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.)

Ein kleines Beispiel könnte ich Ihnen nennen. Es gibt in Brasilien eine deutsche Zeitung "Der Urwaldbote". Dieser "Urwaldbote" hetzt in der niederträchtigsten Weise fortgesetzt gegen die deutsche Republik.

(Hört! Hört! links)

Aber die Artikel wachsen zum guten Teil nicht auf brasilianischem Boden, sondern sie werden der Zeitung aus deutschnationalen, "deutschvölkischen" Kreisen in Deutschland, geschickt. Wir haben gesehen: die Gründe, die Sie anführen, meine Herren von der Rechten, sind in Wirklichkeit Vorwände, sind Behauptungen, mit denen man wirklich keinen Hund hinter dem Ofen weglocken kann. Deshalb müssen Sie uns schon zugestehen, daß wir tiefer zu bohren versuchen und feststellen: was Sie in Wirklichkeit wollen, ist der Kampf gegen das Symbol der Republik,

(sehr richtig! bei den Sozialdemokraten)

ist der Kampf gegen das schwarz-rot-goldene Banner und der Wunsch, das schwarz-weiß-rote Banner als Symbol Ihrer alten glorreichen Vergangenheit aufs neue wieder zu errichten.

(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten und auf der äußersten Linken.)


19S. 4176B
20S. 4177C

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Heute fangen Sie mit dem kleinen Rechteck in der Handelsflagge an. Morgen werden Sie den Kampf gegen die schwarz-rot-goldene Reichsfahne überhaupt in Angriff nehmen und durchführen. Ich glaube, es würde für Sie viel richtiger sein und würde Sie viel mehr ehren, wenn Sie anstatt durchsichtiger Vorwände von vornherein den richtigen Grund genannt hätten. Kommen Sie uns doch nicht damit, daß Sie sagen: es handelt sich nur um eine rein technische Angelegenheit. Sie können das mit um so weniger Erfolg, als wir doch wissen, daß Sie im Lande draußen alles tun, um die schwarz-rot-goldene Fahne der Republik zu diskreditieren.

(Sehr richtig! bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.)

Sie reden von der Judenfahne, Sie reden von dem revolutionären Lappen, Sie haben eine ganze Reihe von ähnlichen Bezeichnungen jederzeit auf Lager. Nun, meine Herren, wenn Sie auf der Rechten das tun, so habe ich dafür volles Verständnis. Die Republik ist Ihnen verhaßt, das Symbol der Republik ist Ihnen nicht minder verhaßt, und Sie sagen, daß Sie auch im Lande draußen in der Beziehung über einen großen Anhang, über eine große Zahl von Gesinnungsverwandten verfügen. Ich gebe das ohne weiteres zu. Gehen Sie auf unsere Universitäten, gehen Sie dorthin, wo die Söhne der Bourgeoisie sich studienhalber aufhalten, so gebe ich Ihnen ohne weitere zu, daß dort die Abneigung gegen Schwarz-Rot-Gold als Symbol der Republik ebenso stark ist wie in den Reihen der deutschvolksparteilichen und deutschnationalen Fraktion. Wir sind der Ansicht, daß das, was heute besteht, im Interesse des deutschen Volkes hundertmal höher einzuschätzen ist als die Zustände, die Kapitalisten, Militaristen, Oberlehrer und sonstige deutschnationalen Vertreter als groß und herrlich bezeichnen.

(Lebhafter Beifall bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.)