1. Reichstag, Weimarer Republik


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Reichstag. - 17. Sitzung. Dienstag den 3. August 1920.

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Herr Dr. Rosenfeld sagte: ja, die wollen aber gar nicht bei uns bleiben. Nun, zunächst einmal sind sie bei uns, und ich glaube nicht, daß Herr Dr. Rosenfeld in der Lage ist, seine Hand dafür ins Feuer zu legen, daß sie wirklich in aller Kürze, sobald die Überfahrt nach Amerika billig sein wird, weggehen werden. Jedenfalls weiß ich, daß sie, so lange sie hier bei uns sind, aber auch unter jedem Gesichtswinkel, unter dem kulturellen und sittlichen Gesichtswinkel, unter dem Gesichtswinkel der Wohnungs- und Nahrungsnot, unter dem politischen Gesichtswinkel, unter dem Gesichtswinkel der Seuchengefahr, kurz unter jedem Gesichtswinkel eine erhebliche Gefahr bilden.

(Zuruf von den Unabhängigen Sozialdemokraten:Unter dem Gesichtswinkel der christlichen Nächstenliebe!)

- Sie rufen mir das Wort "christliche Nächstenliebe" zu. Gut, meine Herren, darauf werde ich am Schluß meiner Rede eingehen. - Zunächst habe ich festzustellen, um den Gedankengang fortzuführen: Es kann richtig sein und entspricht durchaus der Psyche vieler dieser Ostjuden, die ich an Ort und Stelle an den verschiedenen Orten eingehend studiert habe - ich bin in ihren Synagogen, in ihren Gebetshäusern, in ihren Schulen gewesen, wo schon die 10- bis 11jährigen Jungen aus dem Talmud über die Einzelheiten der Eheschließung unterrichtet werden; meine Herren, ich kenne das Milieu, aus dem diese Menschen zu uns herüberkommen -, daß manche von ihnen nicht mit der Absicht kommen, um immerdar hier zu bleiben. Es gibt manche von denen, die auch schon in früherer Zeit aus Russisch-Polen und aus Galizien zu uns gekommen sind, die noch als Kaftangestalten gleich einem Schmeie Tinkeles über die Grenze kamen, und dann ging es nach Breslau, Posen und dann nach einiger kulturellen Reinigung nach Berlin, nach Frankfurt hinüber, und es ist ohne Zweifel richtig: nachdem sie sich bei uns einen gewissen Reichtum zusammengescharrt hatten, sind sie weitergegangen,

(sehr gut! bei den Deutschnationalen)

nach England, nach Frankreich, nach Nordamerika, und sind nicht zum geringsten Teil die geistigen Träger des Deutschenhasses in jenen Ländern.

(Sehr richtig! bei den Deutschnationalen.)

Gerade um deswillen, was Herr Dr. Rosenfeld hier gesagt hat, weil sie gar nicht wirklich dauernd hier bleiben, um deutsche Staatsbürger zu werden, haben wir Veranlassung, uns gegen diesen unerwünschten Zuwachs zu wehren.

(Bravo! Bei den Deutschnationalen.)

Herr Dr. Rosenfeld hat weiter gesagt: ja, an diesem Zuwachs ist aber die Oberste Heeresleitung schuld, sie hat es veranlaßt. Es fehlt eigentlich nur noch, daß er gesagt hätte: diese armen Wesen müssen hier bleiben, und Herr Hindenburg, der sich schuldig gemacht hat, muß ausgewiesen werden. Meine Damen und Herren! Das eine will ich gern zugeben. Es ist auch während des Krieges von einzelnen Stellen hier nicht richtig gehandelt worden und ich persönlich bin bereits mit manchen, die mir politisch nahe stehen, während des Krieges in dieser Beziehung vorstellig geworden und habe mich schon in der damaligen Zeit dagegen gewandt. Ich darf zum Beispiel auf die Drucksachen des Kriegs-Reichstages

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verweisen oder auf das Wort, das Dr. Werner am 25. Juni 1918 im Reichstag gesagt hat:
Tatsache ist, und das kann von dem Polizeipräsidium in Berlin in jeder Weise bestätigt werden, daß von den Lebensmittelschiebern in Neukölln 5- bis 600, neun Zehntel, Juden sind.
Selbst das "Berliner Tageblatt" hat darauf hingewiesen, daß die Einbrüche und Schiebungen mit Lebensmitteln vielfach von "Galiziern" und "Russen" verübt wurden. Damals wurde schon von der jüdische Schweiz in Berlin und von den dort stattfindenden Lebensmittelschiebungen gesprochen. Aber wer ist es denn, der damals Triebkraft der Ausdehnung gewesen ist? Gestatten Sie mir, auf ein Schreiben hinzuweisen, das im Jahre 1917 ausgegangen ist von dem Verbande der Arbeitsnachweise der Großloge für Deutschland unter Leitung von Eugen Caspary als dem zweiten Vorsitzenden, also von der internationalen jüdischen Großloge für Deutschland. In diesem schreiben heißt es:
"Der große Arbeitermangel in Deutschland veranlaßt uns, Ihre Aufmerksamkeit auf die bedeutsamen Möglichkeiten hinzulenken, die für eine Beschaffung geeigneter Arbeitskräfte aus Russisch-Polen bestehen. Es handelt sich um die Verwendung der zahlreich vorhandenen polnisch-jüdischen Arbeiter."
Und weiter heißt es in diesem Schreiben der jüdischen Großloge - Nr. 1012 der Reichstagsdrucksachen -:
"Die für alle diese Gebiete zur Verfügung stehenden großen Mengen jüdischer Arbeiter können im Gegensatz zu der bisherigen Praxis der deutschen Behörden auf Grund der nunmehr von jüdischer Seite geschaffenen Einrichtungen ohne besondere Schwierigkeiten nach Deutschland eingeführt werden."
Das ist ein Schreiben aus dem Jahre 1917. Es ist also unmöglich, in bequemer Weise die Heeresverwaltung zu belasten und zu vergessen, was von der eigenen stammverwandten Seite aus geschehen ist. Und ich kann Sie versichern, daß es auch unter denen, die stammverwandt sind, sehr viele gibt, die ein großes Bedenken gegen eine solche Masseneinwanderung haben und die dringend wünschen, daß jetzt gehandelt werde, wie hier der Reichstag beschlossen hat, nämlich daß die Ostgrenze wiederum gesperrt werde, also wieder gutgemacht werde, was damals geschah, als Landsberg und Heine, der eine als Reichs- der andere als preußischer Minister, die jüdischen Wohlfahrtsgesellschaften entscheidend herangezogen und die bisherigen Staatshemmungen beseitigt haben. Das war der schwerste Schaden, der uns auf diesem Felde geschehen ist.

(Sehr richtig! rechts.)

Der Reichstag hat ausdrücklich beschlossen, daß solche Einwanderer, wenn sie sich als lästig erweisen, über die Grenze verwiesen werden - das ist der bekannte polizeitechnische Ausdruck, der in solchen Fällen der amtlich gegebene ist -, und zweitens, daß sie erforderlichenfalls inzwischen interniert werden. Ich glaube, daß man gerade auch durch diese Aussicht, man könnte möglicherweise interniert werden - es scheint bei einer Razzia in der Grenadierstraße noch nicht scharf und unterschiedslos genug vorgegangen worden zu sein,

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