|
nachfolgenden Fraktionsredner nicht wieder zu dem heftigeren "Säuseln", wie in der Kommission, übergeht.
Meine Herren, die demokratische Fraktion hatte sich bereits am Anfang dieser Tagung mit dem Problem der Einwanderung von
Osten her beschäftigt, und es war unsererseits schon einmütig eine Anfrage an die Regierung in Aussicht genommen worden.
Nunmehr ist ein Antrag seitens der Rechten eingelaufen, eine Entschließung anzunehmen.
Die Rechte hat ja ihren Wahlkampf gegen uns zu einem sehr wesentlichen Teile damit bestritten, daß sie uns eine Judenpartei
genannt hat, und ich bin auch ganz gewiß, daß, wenn wir heute ihre Resolution annehmen, die Parteisuppen der Rechten immer
noch weiter mit diesem Vorwurf gekocht werden. Wir wünschen es nicht und wir erwarten es auch nicht, deshalb von ihnen in
diesem Punkte nun irgendeine bessere Zukunft zu bekommen.
Ich mache aber darauf aufmerksam, daß bereits, als die Regierungsbildung bevorstand, durch den Schritt unseres Vorsitzenden
Petersen ausdrücklich von uns als Vorbehalt der Beteiligung gesagt wurde: Ausschluß von Rassen- und Klassenhaß. Und in der
Tat ist das eine programmatische Stellung, die auch nicht irgendwie verändert und auch durch keine Kritik in Zweifel gezogen
werden kann, die sich etwa aus der Zustimmung zu dieser Resolution hier im Hause oder draußen im Lande ergeben kann.
(Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten.)
Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Rosenfeld hat mit Recht gesagt, es handelt sich hier um ein Problem,
und ich will gestehen, daß meine Fraktion und ich ganz persönlich innerlich ergriffen sind von den Notständen, die
zu dieser Massenauswanderung geführt haben, und daß wir auch keineswegs gleichgültig sind gegen die Not der Leute,
die zu uns hereingekommen sind, und die demnächst vielleicht in noch größere Not geraten, wenn sie interniert oder
hinausgebracht werden müssen. Das erkennen wir durchaus an. Aber wie sieht es denn bei uns in unserem eigenen Volke aus?
(Sehr richtig bei den Deutschen Demokraten.)
Ist es denn etwa so, daß bloß solche Zuwanderer hier in Berlin auf Stühlen übernachten müssen? Müssen nicht auch
andere Leute gelegentlich in einer Badewanne oder sonst wo irgendein hartes Nachtlager sich suchen?
(Lebhafte Zustimmung bei den Deutschen Demokraten, im Zentrum und rechts.)
Und wie ist es weiter mit den Seuchen in Deutschland? Ich habe zu meinem Erstaunen gehört, daß der Herr Abgeordnete
Henke in derselben Sitzung des Hauptausschusses die Reichsregierung scharf darüber angegriffen hat, daß sie in den
letzten Jahren nichts, wenigstens nichts Ausreichendes für die Volkshygiene getan hat. Wie steht es denn nun mit
diesen Masseneinwanderungen und der Vergrößerung der Seuchengefahr?
(Sehr gut! bei den Deutschen Demokraten.)
Wenn wir uns hiergegen schützen wollen, dann arbeiten wir doch in der Richtung, die Herr Henke droben im Hauptausschuß eingenommen hat.
(Hört! Hört! bei den Deutschen Demokraten.)
Und endlich meine Damen und Herren, wo wir Mangel an Nahrung, Mangel an Wohnung, Mangel an
vorige
|
Arbeit haben, ist es selbstverständliche Pflicht, zunächst einmal zu tun, was getan werden muß, um das eigene Volk
wieder in die Höhe zu führen.
(Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten.)
Für denjenigen Internationalismus, der nicht das eigene Volk zunächst gesund und stark machen will, um dann Asyl zu
gewähren, um dann Barmherzigkeit üben zu können in die anderen Völker hinaus, haben wir in der Tat kein Verständnis.
(Lebhafte Zustimmung bei den Deutschen Demokraten.)
Wie wünschten wir so sehr, daß das deutsche Volk wieder reich und gesund wäre, um die Pflichten der Menschlichkeit
ausreichend erfüllen zu können.
(Sehr gut! bei den Deutschen Demokraten.)
Wollen wir das aber, dann müssen wir zunächst eine Politik machen, welche dieses Volk befähigt, wiederum zu den
alten Grundsätzen deutscher Gastlichkeit und deutscher sozialer Pflichterfüllung auch gegenüber Ausländern kommen
zu können. Der Engländer hat in der Beziehung das schöne Wort geprägt: "charity begins at home". Zunächst müssen
wir einmal bei uns wiederum aufbauen, säubern, ernähren, die Menschen satt machen und ihnen Arbeit geben, und
dann sind wir auch wieder an Ihrer Seite, wenn Sie Barmherzigkeit gegen Ausländer verlangen. Dann wollen wir auch
denen, denen in ihrer Heimat nicht mehr der Aufenthalt möglich ist, gerne bei uns Unterkunft und Asylrecht geben.
Ich würde nicht auf das eingegangen sein, was Herrn Mumm entgegengehalten wurde, wie sich eine derartige Stellung mit
der christlichen Nächstenliebe verträgt. Aber da ich den Vorzug oder den Nachteil - wie man will - habe, von derselben
wissenschaftlichen Fakultät zu sein wie der Herr Abgeordnete Mumm, so will ich auch meinerseits sagen, daß ich in der
Tat vom Standpunkt der christlichen Nächstenliebe aus diese Frage zu prüfen und sie auch geprüft habe. Ich kann Ihnen
(zu den Unabhängigen Sozialdemokraten)
hier natürlich kein theologisches Kolleg lesen - das würde auch wahrscheinlich
wenig Verständnis bei Ihnen finden! -;
(sehr richtig! Bei den Deutschen Demokraten, im Zentrum und rechts)
aber ich darf Ihnen vielleicht an dem einen Bilde sagen, daß jener Mann, der vorbildlich ist für die Ausübung der
Barmherzigkeit ohne Ansehen der Person des Glaubens, der barmherzige Samariter, seine Barmherzigkeit erst ausüben
konnte, weil er zunächst ein Maultier hatte, auf das er den unter die Mörder Gefallenen draufsetzen und in die
Herberge führen konnte, und weil er zweitens das Geld hatte, um das in der Herberge zu zahlen, was er schuldig war.
(Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten.)
Wenn Sie dem deutschen Volk erst wieder Ruhe, Arbeit und Nahrung geben und damit auch die Möglichkeit,
anderen helfen zu können, dann kommen Sie wieder und stellen Sie uns die Frage, ob sich etwas derartiges
verträgt mit christlicher Nächstenliebe.
(Lebhafte Zustimmung bei den Deutschen Demokraten, im Zentrum und rechts.)
Von Antisemitismus bei uns Demokraten kann in diesem Punkte schlechterdings keine Rede sein.
(Sehr wahr! bei den Deutschen Demokraten.)
Wir wissen es doch sehr gut aus den jüdischen Kreisen, die mit uns Fühlung haben, daß sie weithin diese
nächste-->
|