1. Reichstag, Weimarer Republik


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die die Zerrissenheit, die den Zusammenbruch unseres Volkes verschuldet haben und weiter betreiben. Wer sich auf die internationalen kapitalistischen Kräfte mit seiner Arbeit stützen will, der kann nicht gegen den jüdisch-zersetzenden Geist praktisch ankämpfen.

(Lautes Lachen und Zurufe links.)

- Ich weiß, daß das Wort "jüdisch" bei Ihnen (nach links) in diesem Hause immer ein schmerzhaftes Empfinden hervorruft.

(Erneutes Lachen und Zurufe links.)

Ich habe Ihnen das schon einmal gesagt und kann es nur heute wiederholen. - Es liegt klar auf der Hand, daß derjenige, der sich auf diese international-kapitalistischen Kräfte, die sich nun einmal unter der Macht der jüdischen Führung befinden, stützt, niemals im eigenen Lande gegen diejenigen jüdisch-zersetzenden Kräfte vorgehen kann, die der Fluch unseres deutschen Volke geworden sind.

(Zustimmung bei der Völkischen Gruppe. - Lachen links.)

Eine Wiedergeburt des deutschen Volkes ohne Ausrottung dieses Fluches, der namentlich auf unserer Arbeiterschaft lastet, des Fluches des jüdischen Marxismus, ist unmöglich. Sie werden die soziale Frage niemals vom Standpunkt der Papiermark allein lösen können, sondern nur von den großen völkischen Gesichtspunkten aus, die allein im Volkstum die Zusammengehörigkeit zur Wirklichkeit machen können, darin wurzeln wahres soziales Verstehen und Versöhnen. Meine Damen und Herren! Darum muß eine Regierung, die unser Volk aus dieser Katastrophe des Elends herausführen will, sich in erster Linie stützen können auf ein in völkischer Einheit genesenes Volk. Von diesem Gesichtspunkt aus treten wir an das Programm des Herrn Reichskanzlers heran. Ich bedauere, daß der Herr Reichskanzler Cuno 3 die bisherige Politik der Erfüllung doch letzten Endes fortsetzen will. Denn die logische Konsequenz seiner letzten Ausführungen führt ganz rettungslos zu einer Fortsetzung der Erfüllungspolitik, während sich im ganzen Volke alle Kreise längst danach sehnen, daß sich endlich die Regierung fände, die nicht mehr mit dem Hinhalten der Stundungen und Kredite allein nur Atempausen erstrebt, die die letzte Katastrophe wohl hinausschieben, aber nur verschlimmern können, weil sie jedes Mal mit neuem ungeheuerlichen Ver-pflichtungen erkauft werden müssen, die weit über das Maß der Versailler Forderungen hinausgehen. So auch jetzt wieder die Preisgabe des halben Goldschatzes unserer Reichsbank, über deren Bedeutung der Herr Reichskanzler selbst keinen Zweifel in seiner Rede gestern gelassen hat. So bleibt auch das Kabinett Cuno 4 , abgesehen von seiner heterogenen Zusammensetzung, trotz der bürgerlichen Fassade letzten Endes doch ein Kabinett, das den Weg der Gruppe unseres Volks gehen will,


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die ich vorhin als die international-kapitalistische Gruppe bezeichnet habe.

(Zuruf links: Judentum!)

- Gewiß, letzten Endes unter maßgeblichem Einfluß Ihrer Freunde, die Juden, die doch nun einmal die Führer des internationalen Großkapitals sind. Das bestreite ich in keiner Weise, das habe ich Ihnen vorhin deutlich genug gesagt. Bei aller Zubilligung dafür, des beneficium inventarii , das das Kabinett vorgefunden hat, bei aller Anerkennung der menschlichen Sympathien, die die Persönlichkeiten mehr genießen als manche ihrer Vorgänger, können wir doch diesem Kabinett ein politisches Vertrauen in keiner Weise entgegenbringen, nachdem es sich nur als eine Fortsetzung der bisherigen Richtung, des bisherigen Kurses ausgesprochenermaßen erklärt hat. Wir können nicht nur einen bürgerlichen Rock gebrauchen, wir brauchen das darunter schlagende starke, nationale, bürgerliche Herz, das den Mut hat, klar mit dem Alten zu brechen, das das Volk zu starker völkischer Einheit im Gegensatz zu jüdischem Marxismus und jüdisch-kapitalistischem Internationalismus führt.

(Lachen und Zurufe links. Beifall bei der Deutschvölkischen Gruppe.)

Vizepräsident Dr. Bell: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Müller (Franken).

Müller (Franken), Abgeordneter: 5 Meine Damen und Herren! Ich habe mich bei der Rede des Herrn Abgeordneten v. Graefe gefragt: wo soll das eigentlich hinaus? Da bildet sich eine Fraktion von drei Mann zur Wahrung der Interessen der Vorderinder; morgen finden sich in einer anderen Fraktion drei Leute, die nicht genügend zu Worte kommen, so wie ihre Fraktion zusammengesetzt ist, und gründen eine Fraktion zur Wahrung der Interessen der Hinterinder. Und wir sollen alle diese Splitter hier in halb- und ganzstündigen Ausführungen anhören! Aber am meisten, Herr v. Graefe, hat mich das Folgende gewundert. Wir haben hier ein Kabinett, das meines Wissens judenrein ist, und ich glaubte, Sie gingen auf die Tribüne, um das Versöhnungsfest zu feiern.

(Große Heiterkeit.)

Stattdessen wettern Sie gegen dieses Kabinett wie gegen jedes andere Kabinett auch.

(Abgeordneter v. Graede: Sie haben keine Ahnung, was völkisch heißt!)

- Ich habe allerdings keinen Begriff davon, wie das, was Sie völkisch heißen, mit den Interessen des deutschen Volkes identifiziert werden kann.

(Sehr richtig! links und bei den Deutschen Demokraten.)

Sie haben darauf hingewiesen, daß aus dieser völkischen Bewegung heraus die Arbeit des Wiederaufbaues kommen würde. Wir kennen doch


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