1. Reichstag, Weimarer Republik


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trächtigen, schuftigen Finanzoperationen des Großkapitals zugrunde gerichtet werden,

(sehr richtig! bei den Kommunisten)

die sich nicht mehr zu retten wissen, werden jetzt von dieser nationalistischen Phrase gefangen genommen, und das treibt das deutsche Volk in eine weitere große Katastrophe hinein, aus der nur das Großkapital Vorteil ziehen wird. Alle diese Tatsachen geschehen vor unseren Augen, und die Regierung nimmt zu diesen Dingen eine Stellung ein, die nur als eine Duldung, fast eine Unterstützung und Förderung dieser Unternehmungen gedeutet werden kann. Wir müssen hören, daß nicht nur untere Verwaltungsbeamte diese Bewegung unterstützen, sondern daß der Staatsgerichtshof, der zum Schutz der Republik eingesetzt ist, jetzt zum Schutz der Republik die monarchistischen Verbände, den "Stahlhelm", den Jungdeutschen-Orden, in einer, ich weiß nicht ob völligen Verkennung der Tatsachen, vielleicht eher in einer klaren Erkenntnis dessen, was man davon hat, nämlich Waffen gegen die Arbeiterklasse, ausdrücklich genehmigt, nachdem sie verboten worden sind. Wenn man alle diese Dinge bedenkt3, dann erkennt man den absoluten konterrevolutionären, arbeiterfeindlichen Charakter, der in der Reichswehr in speziellen und in der ganzen Regierung im allgemeinen herrscht. Es geschieht gegenwärtig nichts anderes als die Vorbereitung des Bürgerkrieges. Man weiß ganz genau, daß mit Waffengewalt gegen Poincaré nichts aufgeführt werden kann, daß Deutschland so schwach ist, so lange es eine so wahnsinnige Politik treibt, wie sie bisher getrieben worden ist. Man weiß das sehr gut; praktisch aber fördert man in jeder Hinsicht die Mobilisation der monarchistischen Kräfte, man unterstützt sie. Man will eventuell ein neues Abenteuer im Ruhrgebiet anfangen, selbstverständlich keinen ernsthaften Krieg; aber man will die Möglichkeit schaffen, dann über die Arbeiterklasse herzufallen.

(Sehr richtig! auf der äußersten Linken. - Zuruf von den Deutschnationalen: Wahnsinn!)

Denn es ist ganz klar: die Politik, die die Reichsregierung gegenwärtig treibt, richtet die Arbeiterklasse zugrunde, muß sie zur Empörung treiben; sie muß die Arbeiterklasse veranlassen, das Joch, das auf ihr lastet, abzuwerfen.

(Lebhafte Zustimmung auf der äußersten Linken.)

Auf diese Möglichkeit rüstet sich die Reichsregierung. Um diese Arbeiterbewegung, um den Kampf gegen den Hunger in der Arbeiterschaft zu unterdrücken, mobilisiert man die schärfsten, die gewalttätigsten, brutalsten Feinde der Arbeiterklasse,

(sehr wahr! auf der äußersten Linken)

mobilisiert man jene Kohorten, die in früheren Jahren gezeigt haben, was sie auf diesem Gebiet leisten können,

(sehr richtig! auf der äußersten Linken)

alle diese Mordbanden, die die Verbrechen in Berlin auf dem Gewissen haben. Ich erinnere nur an Marloh, um einen zu nennen, ich erinnere an die Verbrechen in Mechterstedt, an die vielen wahnwitzigen Schandtaten im Ruhrgebiet. Diese Mordbanden werden jetzt wieder unter Waffen gesetzt; sie dürfen sich frei bewegen, und sie


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warten nur auf das Signal, um mit dem aufzuräumen, was sie den inneren Feind nennen, und um zu gleicher Zeit mit der deutschen Republik aufzuräumen.

(Sehr wahr! auf der äußersten Linken.)

Hier ist die deutsche Regierung mit im Spiel, und wir verlangen eine klare und bündige Erklärung über die Tatsachen, die ich hier vorgebracht habe. Wir verlangen eine Erklärung darüber, welche Garantien gegeben sind, um dieses nichtswürdige, verbrecherische Verhältnis zwischen Reichswehr und Orgesch aufzuheben, um die Orgesch, diese Wahnwitzige Gefahr für die Republik, wirklich zu beseitigen. Wir legen Ihnen eine Resolution vor, in der wir ganz praktische Maßregeln fordern. Wir verlangen darin, daß es zunächst notwendig ist, der Schlange den Kopf zu zertreten. Herr v. Seeckt muß heraus aus der Reichswehrverwaltung.

(Lebhafte Zustimmung auf der äußersten Linken. - Lachen rechts.)

Herr v. Seeckt, der Organisator des Bürgerkriegs, muß verschwinden.

(Sehr wahr! auf der äußersten Linken.)

Das ist notwendig im Interesse der Republik selber. Wer einen neuen Kapp-Putsch, der klüger vorbereitet ist als der Putsch der Herren Lütwitz und Kompagnie, verhindern will, der soll vor allen Dingen seine Hand auf diesen Mann legen. Nun noch eins, meine Herren!4 Es kann die Ausrede gemacht werden, alle diese Dinge, die da im geheimen und öffentlich vorbereitet sind, seien notwendig, um uns vor der großen Gefahr Poincarés zu schützen. Wir haben aus den Zeitungen und auch schon hier die Vorwürfe gehört, unsere Veröffentlichungen seien Landesverrat. Zunächst glaube ich, nachgewiesen zu haben, daß gerade das Gegenteil von Landesverrat zutrifft, daß wir vielmehr durch unsere Aktionen die Gefahr, in der sich vor allem die Arbeiterklasse befindet, abzuwenden versuchen, indem wir klar aussprechen, was vor sich geht. Zu gleicher Zeit aber betonen wir ganz ausdrücklich, daß die Art und Weise, wie hier der Kampf gegen Poincaré geführt wird und wie er vorbereitet wird, und daß das Ziel, das man dabei offenbar verfolgt, durchaus nicht im Interesse des deutschen Volkes gelegen ist, daß dieser Kampf in der Art und in seinem Zweck allein ein Kampf im Interesse des deutschen Großkapitals ist.

(Sehr wahr! bei den Kommunisten. - Zurufe rechts.)

Dieses Großkapital hat bei dieser ungeheuren Not des deutschen Volkes noch die Stirn, gerade auf Grund der großen Gefahren, in die das deutsche Großkapital das deutsche Volk hineingetrieben hat, sich jetzt unmäßig zu bereichern und jetzt noch einen Hochverrat auf den anderen zu türmen.

(Zuruf bei den Deutschnationalen: Also das sind die Hochverräter!)

- Das sind die Hochverräter, jawohl!

(Lebhafte Zustimmung bei den Kommunisten)

die die Spekulationsgeschäfte der Regierung ausnutzen und ungeheure Milliardengewinne für sich machen.

(Zurufe rechts.)

das sind die Hochverräter, die jetzt ihre Geschäfte drüben in England machen! das sind die Hochverräter, die in dieser unerhörten Not des deutschen Volkes die Preise für


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