1. Reichstag, Weimarer Republik


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Reichstag. - 32. Sitzung. Montag den 22. November 1920.

Seite 18

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Aber die Interpellation handelt von den Hohenzollern! Sie bringen sie also mir Sklarz in Verbindung, und ich frage, ob Sie dadurch die Hohenzollern adeln wollen.

(Lachen rechts.)

Ich sage: es waren dort Reaktionäre aller Art versammelt. Dies erweckte bei einigen Leuten den Verdacht, als ob hier irgendwie die Gegenrevolution vorbereitet würde. Es ist aber durchaus nicht der Fall, daß überall, wo diese Herren zusammenkommen, die Gegenrevolution vorbereitet wird. Diese Herren denken gewöhnlich erst zehnmal an ihr Portemonnaie, ehe sie einmal an die Monarchie denken,

(sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.)

und sie haben viel weniger Interesse daran, die Hohenzollern nach Deutschland zurückzuführen, als ihre Kapitalien dorthin abzuführen, wohin die Chefs des Hauses Hohenzollern ihnen vorangegangen sind. Nun zunächst einige Bemerkungen zum Personenkreis der in Frage kommt. Ich frage die Reichsregierung, ob zum Beispiel unter den Schiebern ein Herr Staatsanwalt Dr. Hans Schoen festgestellt ist, und was gegen diesen Hüter der Gesetzlichkeit inzwischen unternommen worden ist? Es ist ferner, wie mir gesagt worden ist, als stark belastet ein Herr Dr. Spiro aus Hamburg festgestellt, ferner ein Herr Levy aus Hamburg. Herr v. Graefe 6

(Aha! und Zuruf rechts)

- Ich weiß nicht, Herr v. Graefe, ob dieser Herr Hoflieferant ist; aber ich möchte feststellen, daß Sie mehr über diesen Herrn Levy zu wissen scheinen als ich. Nun ein paar Namen aus den Reihen des Hochadels! 7 Ich frage die Regierung, ob unter anderen als Kontoinhaber der Herr Graf Peter Radolin beteiligt ist, ferner die Fürstin Wanda v. Blücher-Wahlstatt. Es wird mir weiter mitgeteilt, daß auch eine Prinzessin Wanda Radziwill beteiligt ist. Ebenso ist ein Fürst v. Schönburg unter den Kunden des Hauses Grußer gewesen. Damit komme ich nun zu der Familie, die am meisten interessieren wird, und zu der Frage: wie steht es mit dem Zusammenhang der Firma Grußer und dem Hause Hohenzollern. Ich frage deshalb die Reichsregierung ganz konkret: 8 Gehörten zu den Kunden des Bankhauses Grußer und sind an den nach Holland verschobenen Geldern und Werten beteiligt erstens die Kronprinzessin Cecilie von Preußen, zweitens der Prinz Eitel Friedrich von Preußen, drittens Prinz August Wilhelm von Preußen, viertens der verstorbene Prinz Joachim von Preußen? Nicht beteiligt ist meines Wissens der Prinz Oskar von Preußen. Aber ich frage die Reichsregierung, ob zu den Kunden dieses Hauses gehört hat und an den Schiebungen beteiligt ist die Gräfin v. Ruppin, die unebenbürtige Gemahlin des Prinzen Oskar von Preußen. In der Presse wurden folgende Namen genannt: Kronprinzessin Cecilie von Preußen, Prinz Eitel-Friedrich von Preußen, Prinz August Wilhelm von Preußen sowie die Gräfin v. Ruppin, unebenbürtige Gemahlin des verstorbenen Prinzen Oskar von Preußen.

(Zurufe rechts.)

Nicht beteiligt ist meines Wissens an diesen Schiebungen Prinz Friedrich Leopold von Preußen


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(Abgeordneter v. Graefe: Der rote Prinz!)

- Ich komme gleich auf den "roten Prinzen", Herr v. Graefe. - Der Prinz Friedrich Leopold von Preußen, mit dem sich ja das preußische Ministerium schon seit längerer Zeit wegen der Silber- und Effekten-schiebungen, die er in größerem Maße nach der Schweiz durch alle möglichen Manipulationen vorgenommen hat, beschäftigt

(hört! Hört! Bei den Sozialdemokraten.)

hat unter anderem seine Güter Flatow, Krojanke in größter Weise belastet, um sich dadurch Mittel nach der Schweiz zu verschaffen, wo er sich ein Besitztum in der Nähe von Lugano angeschafft hat, das 1 ½ Millionen Franken wert sein soll. Er hat vor dem Krieg Besitztümer dort nicht gehabt. Nun hat mir Herr v. Graefe zugerufen: "Der rote Prinz.".

(Abgeordneter v. Graefe: Ist er auch!)

Die "Deutsche Morgenpost" hat ja in holder Übereinstimmung mit der "Berliner Morgenpost" des Hauses Ullstein vor einigen Tagen die Mitteilung gebracht, daß dieser Prinz Friedrich Leopold, den sie auch als den "roten Prinzen" bezeichnet, der einzige überzeugte Sozialdemokrat des Hauses Hohenzollern sei,

(Gelächter bei den Sozialdemokraten)

und sie hat in diesem Zusammenhang auch auf die Geschichte von der roten Fahne aufmerksam gemacht. Ich möchte dazu bemerken, daß uns nichts davon bekannt ist, daß der Prinz Friedrich Leopold von Preußen jemals auch nur einen Versuch der Annäherung an die sozialdemokratische Partei gemacht hat.

(Abgeordneter v. Graefe: Die rote Fahne!)

- Ich komme gleich auf die rote Fahne, Herr v. Graefe. - Ich glaube auch nicht, daß er bei irgendeiner anderen sozialistischen Partei jemals einen solchen Annäherungsversuch gemacht hat.

(Heiterkeit und Zustimmung bei den Sozialdemokraten.)

Wenn deshalb die "Deutsche Tages-Zeitung" zu schreiben wagt, daß, weil der Prinz Friedrich Leopold von Preußen in größtem Maß geschoben hat, wir die Schieber in unseren Reihen suchen sollten, so ist ein solcher Gedankengang durchaus abwegig. Nun hat mir Herr v. Graefe zugerufen, daß der Prinz Friedrich Leopold von Hohenzollern - am 10. November war es wohl - in Alt-Glienicke draußen die Rote Fahne aufgezogen hat. Das genügt für uns durchaus noch nicht, um ihn als Parteigenossen anzuerkennen;

(lebhafte Zustimmung und Heiterkeit bei den Sozialdemokraten)

sondern ich glaube vielmehr, daß dabei der Prinz Friedrich Leopold von Preußen von ganz anderen Gesichtspunkten ausging.

(Sehr richtig! Bei den Sozialdemokraten.)

Er glaubte jedenfalls, daß das Aufziehen der roten Fahne die beste Mobiliar- und Effektenversicherung gegenüber der Revolution sei. 9 Es ist unerhört, in welcher Weise gerade von diesem preußischen Prinzen zum Beispiel Kunstgegenstände auch in das Ausland verschleppt worden sind.


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