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hatte damals anders beschlossen. Die Regierung hat sich jetzt bemüßigt gesehen, eine Vorlage einzubringen,
deren Kernstück die Beseitigung dieses Missstandes ist, und im Prinzip scheint mir das heute nirgends auf Widerstand
zu stoßen. Von den vielen Fehlern, die unsere neudeutsche Steuergesetzgebung hat, ist der Mangel an Einfachheit
einer der allergrößten und allerschwersten
(sehr richtig! rechts)
und dieser Mangel wird durch die Novelle nicht behoben. Im Gegenteil. Sie brauchen nur die einzelnen Paragraphen, die
Ihnen vorliegen, durchzusehen.
Wenn ich einen grundsätzlichen Gedanken in diesem Zusammenhang aussprechen darf, so halte ich an sich die Besteuerung
der Einkommen, soweit es möglich ist, an der Quelle für einen vernünftigen Gedanken. Richten Sie diese Besteuerung
an der Quelle so ein, daß sie die endgültige Besteuerung ist, dann ersparen Sie Tausende von Finanzbeamten und
politische Unzuträglichkeiten, politische Unmöglichkeiten, die aus der jetzigen Konstruktion der Steuergesetze
notwendigerweise erwachsen werden.
(Sehr richtig! rechts.)
Also über diesen Punkt lassen wir gern mit uns reden. Über einen anderen Punkt, mit dem der Reichsfinanzminister
dem Herrn Abgeordneten Keil eine so besondere Freude gemacht hat, lassen wir allerdings nicht mit uns reden, das
ist die Abzugsfähigkeit der Zuwendungen für kulturfördernde, mildtätige, gemeinnützige und politische Vereinigungen.
(Sehr richtig! rechts.)
Herr Keil hat ein Wort ausgesprochen, zu dem wir "sehr richtig" gerufen haben: das höchste ist die Erhaltung des Deutschen
Reiches. Die Erhaltung des Deutschen Reichs ist unmöglich ohne die Erhaltung der deutschen Kultur.
(Sehr richtig! rechts. - Abgeordneter Keil: Zu dieser gehört die Förderung der Deutschnationalen
Volkspartei. - Gegenrufe rechts.)
- Herr Keil, ich habe in meinem Leben die Erfahrung gemacht, daß Leute, denen die sachlichen Argumente ausgehen, sich
auf das Persönliche stürzen.
(Zuruf der Abgeordneten Keil: Ihr Kampf gegen Erzberger?)
- Ich lehne es ab, hier in eine Erzberger-Debatte einzutreten, Herr Keil. Ich finde es nicht sehr geschmackvoll von Ihnen,
daß Sie diese Debatte provozieren wollen.
(Zuruf von den Sozialdemokraten.)
Aber ich lasse mich nicht auf das Glatteis der Geschmacklosigkeiten führen, auch nicht von Ihnen.
(Sehr richtig! rechts. - Zurufe links.)
Für mich ist die allgemeine deutsche Kultur, die keine Parteiunterschiede kennt, höchstens Parteiunterschiede nach der Richtung,
als es sich um Parteien handelt, die die Kultur zerstören wollen, - für mich ist diese Kultur unveräußerlicher Bestandteil
des Deutschen Reiches.
Meine Damen und Herren! 16 Ich komme nun auf die Dinge, mit denen der Herr Abgeordnete Keil seine furchtbaren Vorwürfe
begründet. Da ist zunächst die Behandlung der Kriegsanleihen. Als die Kriegsanleihen ausgegeben wurden, ist den Zeichnern
versprochen worden, daß die Kriegsanleihen als solche zum Nennwert
16S. 2021A
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in Zahlung auf die aus Anlaß des Krieges entstehenden Steuern angenommen werden sollen.
(Zuruf von den Sozialdemokraten: Nur die Versprechungen der Millionäre werden erfüllt, die anderen nicht!)
- daß ist nicht wahr, Herr Abgeordneter Keil, ich habe keinen Antrag gestellt, daß diese Begünstigung nur auf Millionäre
angewendet werden soll. Das überlasse ich Ihnen. Ich würde dann natürlich dagegen stimmen.
Das Versprechen ist klipp und klar ohne Einschränkung abgegeben worden, daß die selbstgezeichneten Kriegsanleihen zum
Nennwert angenommen werden.17
Wir lassen uns darin, daß wir zu dem gegebenen Wort stehen werden18 , auch nicht irre machen durch die Behauptung, die
der Herr Abgeordnete Keil jetzt wieder aufgenommen hat, es seien auch noch andere Versprechungen nicht erfüllt worden.
Er hat unter anderem mein angebliches Versprechen erwähnt "der Feind werde alles bezahlen". Ich glaube, es ist heute das
dritte oder vierte Mal, daß ich auf Grund solcher Angriffe aus dem Hause in die Lage komme, dazu Stellung zu nehmen.
Meine Damen und Herren! Wenn ich auf den Sieg gehofft habe und darauf, daß namentlich bei einem kurzen Kriege, wie er
damals nicht für unmöglich gehalten wurde, und zwar nicht nur von mir, sondern auch von anderen, wir eine Entschädigung
vom Feind bekommen könnten, so teilte ich diese Hoffnung mit anderen. Ich habe hier eine Denkschrift vor mir liegen, in
der folgende Kriegsentschädigungen vom Feind verlangt werden:
1. Voller Ersatz der unmittelbaren Kriegskosten,
2. voller Ersatz der Kriegsschäden,
3. Tilgung aller unserer Reichsschulden - auch
der Friedensschulden - aus der Kriegsent-
schädigung.
4. Schaffung eines großen Reichs- und Inva-
lidenfonds aus der Kriegsentschädigung,
5. "Ein größerer Fonds ist zur Entschädigung
deutscher Kabel- und Telefunkenstationen zu
reservieren … Ganz daßelbe gilt für einen
Seiner Majestät dem Kaiser zu stellenden Dis-
positionsfonds als Ehrengabe für siegreiche
Feldherren und erfolgreiche Staatsmänner."
6. Für soziale Zwecke (Herabsetzung der
Altersarbeitszeitgrenze usw.) ist ebenfalls
Geld vorzuhalten.
- Alles aus der Kriegsentschädigung!
(Zuruf von den Sozialdemokraten: Ein glänzender
Vorschlag!)
- Wissen Sie wer den Vorschlag gemacht hat? Ein Mann den Herr Keil gegen mich verteidigt hat und den er eben noch
hier in die Debatte einbringen wollte. Ich brauche seinen Namen wohl nicht zu erwähnen.
(Erneuter Zuruf von den Sozialdemokraten: Er hat
dann aber gelernt!)
Auch ich lerne gern, aber von diesem Manne möchte ich lieber nicht lernen.
Ich wiederhole nochmals: niemals habe ich behauptet, der Feind werde alles bezahlen. Im Gegenteil! Ich habe
17S. 2021B
18S. 2021C/D
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