1. Reichstag, Weimarer Republik


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Kuno Graf Westarp DNVP
Philipp Scheidemann SPD
Wilhelm HenningDVFP

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Republikschutzgesetz

Erläuterungen und Kommentar zu Reichstagssitzung 352

In dieser Debatte spiegelt sich das Grundsatzproblem einer Demokratie: Sie verbietet eine demokratisch gewählte Partei, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Demokratie zu beseitigen.

Im konkreten Fall geht es um die DVFP, eine völkische Gruppe, die sich von der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) abgespalten hat und in der politischen Krise erheblichen Zulauf verzeichnet. Graf Westarp (DNVP), obwohl selber nicht dem völkischen Lager zuzurechnen, ist dennoch, seit Gründung der DNVP, der Mentor dieser politischen Gruppe, weil er weiß, daß nur sie der DNVP in der parlamentarischen Demokratie eine Massenbasis erschließen kann. Deshalb hält er hier eine Rede gegen das Verbot dieser Partei. Das Ziel gibt er indirekt zu: Die Demokratie mit ihren eignen Mitteln beseitigen!

Ein wesentliches Mittel der Volksaufwiegelung und des Stimmenfangs ist die antisemitische Agitation, die wie bei kaum einer anderen politischen Gruppierung von der DVFP als auch von den Völkischen innerhalb der DNVP betrieben wird. Weil der Antisemitismus als politisches Mittel zur Zersetzung und Zerstörung der Republik, als auch der agitatorischen Vorbereitung von Mordtaten erkannt worden war, konnten antisemitische Äußerungen im Rahmen des Republikschutzgesetzes unter Strafe gestellt werden.(S. 285A hier) * Daraus zieht Westarp die propagandistische Schlußfolgerung: Juden genössen im Reich größere Rechte als andere Staatsbürger.

Daß die Judenhetze dem Aufputschen der Bevölkerung gegen das demokratische System dient, darauf verweist auch Scheidemann in seiner Antwortrede.(S. 286B unten). Wie das im Einzelnen geschieht, dazu zitiert er ausführlich die völkischen Zeitschriften Miesbacher Anzeiger und Völkischer Beobachter.

* Gemeint waren aber letzendlich Beschimpfung oder Verleumdung eines Getöteten, etwa Rathenau.

Literaturhinweise