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gegen die Schande und Schmach der Vorgänge an Rhein und Ruhr, bis das Ziel erreicht ist: das Ziel der Befreiung vom Joche
erniedrigender und vernichtender Fremdherrschaft!
(Lebhafter Beifall bei den Deutschnationalen.)
Vizepräsident Dr. Bell: Die beantragte Besprechung der Interpellation ist verbunden mit der Aussprache über
Kap. 1 Tit. 1 der fortdauernden Ausgaben.
In der Besprechung erteile ich das Wort dem Herrn Abgeordneten Scheidemann. 8
Abgeordneter Scheidemann: Meine Damen und Herren! Die Deutsche Tageszeitung regte sich am 6. April über das Verbot der
Deutschvölkischen Freiheitspartei 9 auf und suchte die Ungesetzlichkeit dieses Verbots nachzuweisen in einem Artikel
unter der Überschrift "Parteiverbot - Sozialistengesetz". Da heißt es dem Sinne nach, daß das Verbot der Sozialdemokratischen
Partei berechtigt gewesen sei, weil sie ihre Ziele gewaltsam durchzusetzen versuchte, während die Deutschvölkische
Partei - ach, die Herrn Wulle, Graefe usw., kein Engel ist so rein wie diese Herrschaften.
(Große Heiterkeit links. - Zurufe rechts.)
Es würde zu weit führen, wenn ich mich auf den überflüssigen Nachweis einlassen würde, wie falsch solche Ausführungen sind.
Einwandfrei steht fest: Der demokratische Sozialismus ist keine Frage der Macht im Sinne von Gewalt und Straßenkampf,
vielmehr eine Frage der Wirtschaftsreife, der politischen Erziehungsarbeit und des demokratischen Willens.
(Sehr richtig!" bei den Vereinigten Sozialdemokraten.
- Zurufe rechts.)
Jeder Versuch, die Behandlung der Deutschvölkischen Freiheitspartei - es fällt mir schwer, von einer Freiheitspartei zu sprechen,
wenn ich die Herren Wulle und Graefe vor mir sehe - in Parallele mit der Sozialdemokratischen Partei zu stellen, ist ein lächerliches
Unternehmen. Die Deutschvölkische Freiheitspartei ist überhaupt keine parlamentarische Partei. Die Herren, die sich als
Vertreter dieser Partei ausgeben, sind Deserteure der Deutschnationalen.
(Lebhafter Widerspruch bei der Deutschvölkischen Freiheitspartei.)
- Wenn Sie nicht von selbst davongegangen sind, dann sind Sie herausgeworfen worden! Jedenfalls sind Sie als Abgeordnete der
Deutschnationalen Partei von und für diese Partei gewählt worden. Ob Sie jetzt (zu der Deutschvölkischen Freiheitspartei) eine
Partei hinter sich haben, könnte sich doch erst bei Neuwahlen herausstellen.
Der Name Deutschvölkische Freiheitspartei 10 ist das Aushängeschild der Männer, die ihre Mandate nicht niedergelegt haben.
Jetzt ist ihr Parteiname der Deckname für im Lande bestehende gemeingefährliche Organisationen, von denen man nicht weiß,
wie stark sie sind, von denen man aber weiß, daß sie vielfach bewaffnet sind und militärische Übungen abhalten, da
8S.11001B
9S.11004A
10S.11005C
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sie die Republik beschimpfen und verleumden, Gewalt predigen und aus deren Reihen nicht nur die Mörder Erzbergers, Rathenaus,
sondern auch die Henkersknechte der Feme stammen, denen alle die zum Opfer fallen, die Ihrer Organisation unbequem geworden sind.
Deutschvölkische Freiheitspartei - das ist also der Sammelname für gewisse Mörder- und Verschwörerorganisationen.
(Sehr richtig! bei den Vereinigten Sozialdemokraten.)
Zur richtigen Beurteilung der Deutschvölkischen gehören die Kenntnisse über ihre Organisationen, ihre Presse, ihre
Schriften und ihre Reden. Die Deutschvölkische Freiheitspartei ist gleich den vielen nationalistischen und geheimen
Organisationen, ob es sich nun handelt um Nationalsozialistische Arbeiterpartei, um den Stahlhelm, um die Organisation C,
um die Organisation Orgesch, um den Bund der Aufrechten, um den Germanenorden oder wie sie sonst alle heißen.
(Zurufe von der Deutschvölkischen Freiheitspartei.-
Glocke des Präsidenten.)
Vizepräsident Dr. Bell: Wenn von dem Vorraum des Stenographentisches weiter fortgesetzt Zwischenrufe erfolgen, muß ich
die Herren dringend ersuchen, sich auf ihre Plätze zu begeben. Ich kann nicht zulassen, daß dem Redner seine auf eine
Stunde beschränkte Redezeit derart verkürzt wird.
Scheidemann, Abgeordneter: Daß es sich hier um eine Zusammenfassung solcher Organisationen handelt, sollte auch nicht
bestritten werden von wirklich aufrechten Männern, wenn sie wissen, was Herr v. Graefe selbst über seine Organisation auf
dem Gründungsparteitag nach dem Bericht der deutschnationalen "Deutschen Zeitung" vom 11. Februar gesagt hat.
(Zuruf bei der Deutschvölkischen Freiheitspartei: Der falsch ist!)
Dem Vorwurf, daß die drei Abgeordneten nicht ihre Mandate in der Deutschnationalen Volkspartei nieder-gelgt hätten, begegnete
Herr v. Graefe mit der Erklärung, daß die Bildung der neuen Partei nur ein Schutzgesetz für die deutschvölkische Bewegung sei,
da nur eine parlamentarische Vertretung Schutz gegen die Auflösung zu bieten vermöge.
(Hört! Hört! links.)
Die Deutschvölkische Freiheitspartei sei gar keine Partei im hergebrachten Sinne, sondern eine Volksbewegung, die niemand
gegründet habe, die vielmehr selbsttätig erwachsen sei. Der Kampf gegen den Parlamentarismus, den Herr v. Graefe in dieser Rede
geführt hat, steht ganz mit Recht im Vordergrund seiner Erörterung, weil er weiß, daß die Ziele, die er erreichen will, auf
parlamentarischem Wege nicht zu erreichen sind. Deshalb auch die wüßte antisemitische Hetze, die Judenfresserei in den Zeitungen
und Reden, Ihr Aufruf zum Rassenhaß wie er häßlicher gar nicht gebracht werden kann, ein Aufruf zum Haß, wie man ihn sich
niederträchtiger gar nicht vorstellen kann. Wie das neue Berliner Organ der Deutschvölkischen Freiheitspartei sich im Antisemitismus
austobt, das muß Herr Bruhn, der Mann der "Wahrheit", den deutschnationalen Vor-
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