1. Reichstag, Weimarer Republik


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Wuchergericht anzeigen würden und auch uns. Ich gebe Ihnen die ehrenwörtliche Versicherung, daß wir es für unsere besondere Pflicht halten werden, diesen Mann aus unseren Reihen auszuschließen.

(Unruhe und Zurufe bei den Sozialdemokraten und den Kommunisten.)

- Nein, verehrter Herr Kollege, reichen Sie mir nur die Generalliste ein! Ich glaube nicht, daß viele darauf stehen werden. Wir fühlen uns als Stand und als Bürger verpflichtet, das Äußerste zu leisten, um die Nahrungsmittelnot möglichst zu beheben und der Bevölkerung Lebensmittel zu erschwinglichen Preisen zu beschaffen. Dazu möge die große Hilfsaktion dienen! Ich möchte aber zum Schluß den Herrn Minister bitten, daß er uns die Wege ebnet und den letzten Rest der Zwangswirtschaft, das Umlageverfahren, völlig beseitigt.

(Beifall im Zentrum und rechts.)

Vizepräsident Dr. Rießer: Das Wort zu einer persönlichen Bemerkung hat der Herr Abgeordnete Lind.

Lind, Abgeordneter: Meine Damen und Herren! Der Herr Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft hat hier auf Grund eines Zeitungsartikels Angriffe gegen mich gerichtet, die ich eigentlich von einem Minister nicht erwartet hätte,

(Hört! Hört! bei den Sozialdemokraten.)

Denn ein Zeitungsartikel muß mit Vorbedacht aufgenommen werden. Ich bin selbstverständlich bereit, für das einzustehen, was ich gesagt habe, und erlaube mir, genau an hand meiner Niederschrift zu rekapitulieren, was ich ausgesprochen habe, und überlasse es nachher dem Herrn Minister und dem hohen Hause, zu prüfen, inwieweit sich dieser Artikel von meinen Ausführungen unterscheidet. In der Reichslandbundtagung wurde eine Entschließung angenommen, die sich gegen die Fortführung der Zwangswirtschaft in irgendeiner Form richtet. Nach Verlesung dieser Entschließung habe ich gesprochen und gesagt:


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Werte Berufskollegen! Ich richte an Sie die Mahnung mit aller Energie hinter die angenommene Entschließung zu treten. Sie wissen, wie die verfluchte Judenzwangswirtschaft unser Wirtschaftsleben beeinflußt hat.7

(Unruhe und lebhafte Rufe bei den Deutschen Demokraten und links: Hört! Hört! - Abgeordneter Gothein: Schämen Sie sich!)

- Dazu habe ich gar keinen Grund!

(Abgeordneter Gothein: Sie haben sich eben das Erröten abgewöhnt!)

Sie hat uns zum Dieb an unseren eigenen Erzeugnissen werden lassen, wenn wir uns satt essen wollten. Das unterschreibt jeder Bauer.

(Lebhafter Widerspruch links. - Zurufe links: Nur die Schamlosen! Nur die Dummen!)

Wir dulden unter keinen Umständen, daß der Palast am Kurfürstendamm, der sich immer mehr ausdehnt, in irgendeiner Weise in unserem Wirtschaftsleben weiter verankert wird. Wir haben in der Zwangswirtschaft dem deutschen Volk ein Geschenk von 12 Milliarden gemacht und keinen Dank dafür geerntet. Dieses Milliardengeschenk ist nur zum bescheidenen Teil in die Hände der Verbraucher gekommen, weil der Judenpalast am Kurfürstendamm, der sich R. G. nennt, einen erheblichen Teil verwirtschaftet. So habe ich wörtlich gesagt, und dafür trete ich ein, und denjenigen Bauer will ich sehen, der das nicht unterschreibt.

(Zustimmung rechts. - Widerspruch und Zurufe links: Alle nicht, nur die Saudummen!)


7S. 6003A

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