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Großstadtleben betrachtet. Zu Hunderten wälzen sich Dirnen, Zuhälter und Freudenjünglinge, Schlepper und Anreißer durch die
Straßen und gebärden sich in der sittenlosesten Weise, ohne daß irgendein aufsichtsführendes Organ der Kriminalpolizei
einschreitet. Das Ansehen Groß-Berlins
(Zurufe von den Kommunisten: Der kapitalistische Staat!)
- ich komme darauf zurück -
und indirekt das Gastwirtsgewerbe leidet unter diesen hässlichen Zuständen und hat demnach auch ein Recht, Abhilfe zu verlangen.
Ich will dabei nicht lange verweilen, weil hier in erster Linie Herr Severing, also Preußen, die Verantwortung vor Gott und Menschen
zu tragen hat. Man könnte auch manches so genannte Witzblatt, gewisse Tanzdielen und Operettenbühnen nennen. Überall dieselbe
breite Schmutzwelle, die all unser öffentliches Leben zu überfluten droht!
(Sehr wahr! bei den Kommunisten.)
Immer dasselbe: corrumpere et corrumpi als Losung,
(sehr richtig! bei den Kommunisten)
überall dieselbe erotische Verschmutzung!
(Erneute Zustimmung.)
Es gab eine Zeit, da Tacitus von Deutschland rühmte: "Dort scherzt niemand über Laster; Ehebruch gilt nicht als modern. Gute
Sitten gelten mehr als ehedem gute Gesetze." Heute muß man ein linksstehendes Blatt, den "Fränkischen Kurier" lesen, wenn er
im Leitartikel unsere Zeiten mit den römischen Verfallszeiten vergleicht und dann fortfährt:
Welcher wahre Freund des Volkes, der mit offenem Blick die Dinge seiner Zeit betrachtet, könnte bestreiten, daß unsere Zeit eine
entsetzliche Fülle solcher Entartungserscheinungen auch im deutschen Volke zeigt. Es wäre doch wohl die bitterste Tragik, wenn
unser Volk, daß unbesiegt einer Welt trotzte, an innerer Fäulnis endgültig zugrunde ginge. Der Leib, die Geilheit, die Dirne und
der Beutel sind die Götzen der Zeit geworden. 6
Unsere Theater machen heute den Ehebruch zur Selbstverständlichkeit.
Meine Herren, ich sage weiter:7 heute gilt in manchen und in weiten Kreisen der Spott der Keuschheit und die Verehrung dem
Dirnentum. Vollends interessant ist, wer einen pathologischen Zug hat, mag seine Seele noch so leer sein. Alle Dämonen des
Abgrundes werden auf unser armes Volk losgelassen, und dabei handelt es sich zu einem sehr starken Prozentsatz um eine Überfremdung,
um eine Invasion des Auslandes.
(Sehr wahr! rechts und im Zentrum. Zurufe von den Kommunisten: Aha!)
Wie viele Theater dienen denn heute noch der deutschen Kunst? Erich Schlaitjer, der von mir bereits angeführte verdienteste
Kämpe auf diesem Gebiet, sagt mit Recht:
Während Frankreich uns das Messer an die Kehle setzte, und uns endgültig morden will, jagen sich auf Berliner Bühnen die
französischen Schwänke, einer immer wertloser, einer immer unsauberer, als der andere.
6 S. 6827D
7S. 6827C
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Auch in diesen Tagen bietet man uns den französischen Import. Wo dagegen findet man eine Aufführung von Schiller, von Kleist, von Hebbel?
(Zurufe von der äußersten Linken: Arbeiterverein
und Volksbühne!)
Das Deutschtum ist von der Leitung der deutschen Bühnen fast völlig ausgeschlossen, insbesondere in der Reichshauptstadt. -
Sie sprechen das Wort "Volksbühne";
(sehr richtig! links)
ich nehme ausdrücklich die "Volksbühne", deren ernstes, künstlerisches Wollen ich anerkenne, aus,
(Zurufe links: Es ist eine Arbeiterbühne!)
- eine Arbeiterbühne, ich nehme aus die von der christlichnationalen Arbeiterschaft getragene Tätigkeit des Volksbühnenbundes.
Ich habe eine zarte Hoffnung, daß auch die Goethebühne etwas werden kann. Aber das sind doch alles nur Ausnahmen,
(Zurufe links: leider!)
nicht die Regel in der Gegenwart. Wo sind im großen und ganzen in Berlin die Bühnenleiter, die das Land der Deutschen mit der
Seele suchen? Geschäftsleute sind es zum großen Teil,
(lebhafte Zurufe links: sehr wahr! Non olet!)
- non olet! - die mit schellenlauter, geschäftstüchtiger Reklame
(sehr richtig!)
die Gimpel heranziehen, Wohlversehen mit Soldschreibern, die allen deutschen und christlichen Empfindens bar sind.
(Zuruf von der äußersten Linken: Nach dem Geschmack der Geldleute! - Glocke des Präsidenten!)
Präsident: Ich bitte aber doch, die Zwischenrufe nicht so weit auszudehnen!
D. Mumm, Abgeordneter: Das gilt jener vom Kunsthändlertum finanzierten Clique. Die Zeichen der Zeit in unserer Selbstmordstatistik,
unserer Lustseuchenstatistik, unserer Kriminalstatistik, unserer Ehescheidungsstatistik, all das soziale Elend sieht diese
im wesentlichen undeutsche Clique nicht. Die Soldschreiber und Advokaten des Unzuchtskapitals -
(Zuruf auf der äußersten Linken: Was haben Sie für ein Rezept dagegen?)
- Das kommt noch, Herr Kollege, warten Sie ab! Gut bezahlt feixen diese Advokaten in ihren Blättern gegen jeden, der es wagt,
für die sittlichen Werte unseres Volkes einzutreten. Die Wirkung dieses in tausend verschiedenen Formen wirkenden Unzuchtkapitals
sind dann diese Masse von
3S. 6616C
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