1. Reichstag, Weimarer Republik


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Deutschland ist seelisch zusammengebrochen. Der Wiederaufbau muß darum vor allem Aufbau der Volksseele sein. Ich fand unlängst im 8. Band der Werke Richard Wagners eine recht deutliche Betrachtung über Auber und Offenbach, die leider jetzt recht aktuell ist. Der Bayreuther Meister schreibt:

Auber sollte seine ganze künstlerische Mühe für vergeblich halten, als er auf seinem so zierlich versteckten Schmutz jetzt Jacques Offenbach behaglich sich herumwälzen sah. Fi donc, mochte er sich sagen, - bis die deutschen Hoftheater kamen und sich die Dinge für ihr Behagen zurechtmachten. Da ist denn nun allerdings Wärme, die Wärme des Düngerhaufens. Auf ihm konnten sich alle Schweine Europas wälzen.

Nicht wahr, das ist ein kräftiges Ablehnen?

(Zuruf links: Hoftheater!)

- Es mag aufgeführt sein, wo es wolle.

(Zuruf von den Kommunisten: Haben Sie diese Sprache auch geführt, als die Hoftheater noch aktuell waren?)

- Sie wissen nicht wie lange ich schon im öffentlichen Leben stehe und wie manchmal ich schon auf diesem Gebiet öffentlich vorgegangen bin. Ich meine, daß ich immer das, was wirklich Schmutz ist, auch Schmutz genannt habe. Meine Damen und Herren! Es ist nicht möglich, bei dem Grundsatz zu beharren, jeder könne mit seinem Körper machen, was er wolle. Da ich hier unter dem staatlichen, nicht unter dem religiösen Gesichtswinkel rede und bestimmte Sittengesetze und staatlich erzwingbares Recht zu unterscheiden gewohnt bin, nenne ich nur die eine sehr bestimmte Grenze: niemand darf den anderen, die Öffentlichkeit, durch den Gebrauch seines Körpers, seiner Sinne schädigen. Wir dürfen über den individuellen den sozialen Gesichtspunkt nicht vergessen. Die in der apriorischen geistigen Anlage auf Wechselwirkung enthaltene Sozialität verpflichtet uns, nach Rechtsnormen auf diesem Gebiete zu rufen. Wir haben die Pflicht, durch Gesetz die Jugend und die Ehe zu schützen. Staat und Gemeinden haben die erforderlichen Einrichtungen zu treffen. Wir müssen auf diesem Gebiet die Schäden der Gegenwart wirksam bekämpfen. Es ist das ärgste Dunkel des Kapitalismus, das sich hier offenbart,


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(sehr gut! links.)

und ich möchte meinen, daß doch da auch unsere Linke alle Veranlassung hätte, nun einmal zu zeigen, daß sie nicht nur mit einem gelegentlichen "Sehr wahr" sondern mit praktischer Mitarbeit auf diesem Gebiete willig ist zu wirken, insbesondere wo doch gerade die breiten Schichten unseres Volkes, da sie einer Wohnungsaufsicht in geringem Maße unterzogen werden können, der Gefahr besonders ausgesetzt sind.

(Zurufe links.)

Meine Damen und Herren von der Linken, handeln Sie nach dem Worte des aus den Mehrheitssozialisten hervorgegangenen Reichspräsidenten; meine Herren vom Zentrum, halten Sie das Gedächtnis Hitzes in

Ehren, indem Sie die Macht, die Sie auf die gegenwärtige Regierung haben, deren leitenden Mann sie stellen, dazu benutzen, daß nun in Wahrheit auch etwas geschieht und vorwärts gegangen wird. Bei uns auf der Rechten soll es nicht fehlen, wenn es den Kampf gegen Schund und Schmutz, wenn es den Kampf für den Schutz der Jugend gilt.

(Beifall bei den Deutschnationalen.)


3S. 6616C

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