x. Reichstag, Weimarer Republik


Titelseite RT 21. oder Zurück zur Homepage


Reichstag. - 21. Sitzung. Mittwoch den 20. Oktober 1920.

Seite 14

A B

ist sehr lieblos: er sagt, daß Herr Apfelbaum aussähe, "wie ein vollgefressener, wohlhabender Opernsänger".

(Heiterkeit.)

Ich bitte das hohe Haus um Entschuldigung wegen dieses Ausdrucks; ich habe ihn nicht geprägt. Herr Apfelbaum hat längst das proletarische Eisenbahnfahren abgelegt, er fährt nur noch Automobil. Er fährt nur mit Koch, Diener und Sekretär, wie das "Berliner Tageblatt" kürzlich schilderte. Er war kürzlich in Halle, wie Sie wissen, und hat dort 14 Zimmer innegehabt, und Sie können sich in Halle über das Festessen erkundigen, das er dort gegeben hat und das ein paar tausend Mark nebenbei gekostet hat. - Er sieht also sonst sehr gut aus und hat sich längst von dem Aussehen eines gedrückten Proletariers entfernt. Auf dem Halleschen Parteitag ist ihm von einem Unabhängigen das Wort "Bluthund" zugerufen worden. Nun, ich glaube, daß man dieses Wort unterstreichen muß. Herr Apfelbaum ist in der Tat ein Massenmörder.

(Sehr richtig! rechts.)

Er ist ein Mann, der hunderttausende von Menschenleben auf dem Gewissen hat und der nach Deutschland gekommen ist, um hier den Bürgerkrieg offen zu predigen. Er hat das Evangelium des Mordens und Totschlagens Deutscher gegen Deutsche ungestraft aussprechen dürfen.

(Lachen und Zurufe bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.)

Es ist mir daher ganz unverständlich, wie der Herr Kollege Ledebour zum Beispiel die Ausweisung dieses Massenmörders als einen Akt des Terrors bezeichnen kann. Denn hier handelt es sich doch um die Ausweisung oder Bestrafung eines Verbrechers und um nichts anderes. Ich kann doch nicht annehmen, daß Herr Kollege Ledebour auf dem Boden steht, daß man die Bestrafung von Verbrechern als Akt des Terrors bezeichnen soll. Sollten Sie auf dem Boden stehen, dann würde das allerdings interessante Schlüsse zulassen. Darum glaube ich, daß die erdrückende Mehrheit des deutschen Volkes die Ausweisung dieser beiden Vertreter aus Rußland für eine selbstverständliche Pflicht der Regierung gehalten hat.

(Sehr richtig! bei den Deutschnationalen.)

Wir können aber nicht umhin, zu bedauern, daß man die beiden Herren überhaupt herein gelassen hat.

(Zustimmung bei den Deutschnationalen.)

Wir sind daher der Meinung, 12 daß die Ausweisung nun auch umgehend vollzogen werden muß. Es hat keinen Zweck, da noch zehn Tage und länger zu warten. Bis zufällig ein Schiff geht, daß die Herren hinüberbringen soll. Wir haben ja in letzter Zeit so eigenartige Blüten der Beeinflussung der öffentlichen deutschen Meinung lesen können. Wir haben gehört, in welcher weise in Deutschland Tausende von russischen Agenten ganz ungehindert umherreisen. Sie sind in jeder Versammlung zu finden. Wir verlangen vor allen Dingen, 13 daß auch das Reichsstrafgesetzbuch zur Anwendung kommt. Wozu sind Gesetze da, als das man sie ausführt! Es ist ja bei uns Mode geworden, daß man für Ausführung und Erfüllung der Gesetze Geldprämien bezahlt. Ich kann aber doch nicht


12S. 766B/D
13S. 766D
vorige

annehmen, daß sich diese Mode auch auf die Regierung erstrecken soll. Und, meine Damen und Herren, es steht in § 130 des Reichsstrafgesetzbuches:

Wer in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise verschiedene Klassen der Bevölkerung zu Gewalttätigkeiten öffentlich anreizt,

(hört! hört! rechts)

wird mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark oder mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft.

(Zuruf rechts: Da können wir die ganze Linke einsperren.)

Ja, was soll denn der Herr Apfelbaum noch tun, um der Regierung zu beweisen, daß er die Volksklassen aufhetzt? Soll er denn noch den Befähigungsausweis eines Volksverhetzers erbringen? Nein, meine Damen und Herren, wir verlangen, daß mit aller Energie von der Regierung vorgegangen wird. Wir verlangen auch im Gegensatz zu dem, was Herr Dr. Rosenfeld hier gesagt hat, daß uns der letzte Rest der Souveränität, nämlich darüber zu wachen, daß uns hier nicht Ausländer im eigenen Volke unser Vaterland ruinieren, daß uns dieser letzte Rest der Souveränität gelassen wird.

(Sehr richtig! rechts.)

Sie aber (zu den Unabhängigen Sozialdemokraten) wollen mit diesem Antrag diesen letzten Rest der Souveränität untergraben. Dagegen wehren wir uns. Wir sind so wie so in die Brüche gegangen, und wir sind ein Torso geworden.

(Zuruf von den Unabhängigen Sozialdemokraten: Durch Ihre Schuld!)

Jetzt hat derselbe Herr Dittmann in Russland die Probe aufs Exempel machen können, und er hat festgestellt, daß die russischen Zustände der Tod sind. Jawohl, sie sind in der Tat der Tod. Sie sind der Tod für das deutsche Volk. Wir aber bekennen uns nicht zu einer Weltanschauung des Klassenkampfes, des Hasses, des Todes, des Sterbens. Wir bekennen uns zu einer Weltanschauung des Lebens, der Liebe zu Volk und Vaterland.

(Lebhafter Beifall bei den Deutschnationalen. -
Lachen bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.)

Und gerade, daß Sie dagegen aufschreien, beweist mir, daß wir auf dem richtigen Wege sind. Wir bekennen uns zu einer Weltanschauung der Volksgemeinschaft. Wir brauchen keine russischen Juden bei uns, die unser Volk aufhetzen.

(Lebhafte Zustimmung bei den Deutschnationalen.)

Wir verlangen, daß die Deutschen unter sich sich einmal gründlich aussprechen über alle Fragen, die sie beschäftigen. Das wird auch geschehen, und wir werden auch zusammenkommen mit den verschiedensten Volksklassen in dem Augenblick, wo der russische Jude nicht mehr dazwischen steckt und unsere Landsleute gegeneinander aufhetzt.

(Sehr richtig! bei den Deutschnationalen.)

Deshalb verlangen wir: 14 Heraus mit allen diesen Leuten aus unserem Vaterland, die unser Volk zum Versuchskaninchen jüdisch-bolschewistischer Experimentierer machen wollen. Wir wollen ein einiges deutsches Volk werden. Das können wir aber nur, wenn wir Deutsche untereinander sind, wenn wir zu einer


14S. 767A/B

nächste