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Hohenzollernhauses, die Geschichte einer Regierungstätigkeit von einem in der Welt noch nicht
dagewesenen Glanz, Erfolg, Pflichteifer und Arbeitstreue,
(lebhaftes Bravo rechts)
die Geschichte eines Geschlechts, das Staatsmänner hervorgebracht hat wie den Großen Kurfürsten und Friedrich den Großen,
(Hurrarufe links)
dem der König der Pflicht Friedrich Wilhelm I., das Geschlecht, dem die ehrwürdige Gestalt des Kaisers und Königs Wilhelm I.
angehört hat, der die schönste Menschlichkeit des Herrschertums, der Herrscherwürde und den zum Herrschen geschaffenen und
geeigneten Charakter verkörpert hat.
(Bravo rechts, - Andauernder Lärm links.)
Mit Ihren Lehren und Dogmen mit Ihrem Evangelium von Marx und Ihrem Erfurter Programm werden Sie der Überzeugung nicht Einhalt
gebieten, die von Tag zu Tag in unserem deutschen Volke wächst, der Überzeugung nämlich, daß für das deutsche Volk nach seiner
Eigenart, nach seiner geographischen und geschichtlichen Lage, nach den Aufgaben, die ihm gestellt sind, die monarchische
Staatsform die allein geeignete Staatsform ist, weil nur in der monarchischen Staatsform sich die überpersönliche Lebenseinheit
des Volkes, des Staates, wirksam verkörpert und durchsetzt, in dem Umfange, wie es für Preußen und Deutschland in allen Gefahren
und Schwierigkeiten seiner Lage nötig ist.
(Fortgesetzt stürmische Unterbrechungen links. -
Gegenrufe rechts: Ruhe! - Abgeordneter Scheidemann:
Feige ausgerückt sind Sie vor zwei Jahren! - Stürmische Entrüstungsrufe rechts: Schämen Sie sich! Elender Lügner! -
Abgeordneter Scheidemann: Wo waren Sie vor zwei Jahren? - Gegenrufe rechts: Wo waren Sie im März? Abgeordneter Scheidemann:
Ausgerückt sind Sie! Sie gemeiner Ehrabschneider! Andauernde Unruhe und Lärm. -
Fortgesetztes Läuten der Glocke des Präsidenten.)
Vizepräsident Dr. Bell: Meine Herren! Ich bitte dringend um Ruhe. Es kann nicht angehen, daß hier die allgemeine
Erörterung über Monarchie oder Republik in dem Umfang weiter fortgehen. Ich bitte auch Herrn Graf Westarp, auf dieses
Thema nicht weiter einzugehen; es steht mit der Interpellation in keinem Zusammenhang.
Graf v. Westarp: Ich werde nur noch mit drei kurzen Schlußworten das sagen, was mit dem, was hier besprochen worden ist,
wohl im Zusammenhang steht. All der Lärm, alle Ihre Agitation wird die Stimme des Gewissens nicht übertäuben,
die dem deutschen Volke sagt, daß es am 9. November 1918 gegen seine Vergangenheit und gegen seine Zukunft ein ungeheures
Unrecht begangen hat, ein Unrecht, das in Wahrheit wiedergutzumachen nötig ist. 27
(Lebhafte Zustimmung rechts. - Anhaltender Lärm
und Zurufe links.)
Mit all dem Lärm, mit der Gewalt Ihrer Herrschaft und mit all den Türmen von Haß, Verhetzung und von niedrigen Angriffen,
die draußen im Lande gegen das
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Hohenzollernhaus aufgetürmt werden, werden Sie uns und werden Sie dem deutschen Volk nicht aus dem Herzen reißen,
was von jeher die beste Eigenschaft des deutschen Volkes gewesen ist: die Treue,
(lebhaftes Bravo rechts; Lachen und fortgesetzte
Unterbrechungen links.)
zu deren Wesen es gehört, auch in den Zeiten der Not und in den Zeiten des Sturms standzuhalten, und die Preußen das Volk mit
dem angestammten Herrscherhause stets am allertiefsten und engsten dann verbunden ist, wenn die Zeiten am allerdunkelsten waren.
Sie ist der beste Ausdruck des deutschen Wesens,
(Lebhafter Beifall rechts. - Stürmische
Gegenrufe links.)
wir halten an ihr fest, weil nur durch sie das deutsche Volk gesunden und zu neuem Aufstieg kommen kann.
(Lebhafter Beifall rechts. Zischen und großer
Lärm links. - Glocke des Präsidenten.)
Vizepräsident Dr. Bell: Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie darauf Obacht zu geben. daß wir im deutschen Reichstag sind.
Das Wort hat nunmehr der Herr Abgeordnete Dr. Breitscheid. 28
Dr. Breitscheid, Abgeordneter: Meine Damen und Herren! Nehmen wir einmal an, das Hohenzollernhaus habe in der Vergangenheit
alle diese Verdienste aufzuweisen, die die Herren von der Rechten ihm zuschreiben. Was in aller Welt würde dann bestimmen
können, wenn es in der Gegenwart mit einer so ruhmreichen Vergangenheit durch Schiebergeschäfte bräche, gegen diese
Schiebergeschäfte nicht vorzugehen? Was wollen Sie (nach rechts) uns mit der historischen Pietät kommen? Ich will hier nicht
eingehen auf die Geschichte des Hohenzollernhauses, ich will hier nicht darauf eingehen, wie es sich sein Vermögen erworben hat;
ich will nicht darauf eingehen, was auch unter den Hohenzollern das deutsche Volk zu leiden gehabt hat. Ich sage nur: hier handelt
es sich nicht um historische Feststellungen, hier handelt es sich nicht um das, was gewesen ist, sondern um das, was augenblicklich
vorgeht, und die hervorragenden Leistungen Ihrer Hohenzollern in der Geschichte könnten nicht darüber hinweghelfen -
wenn es wahr ist -, daß diese Hohenzollern jetzt wie irgendeiner der schäbigsten Schieber handeln, der im Kriege wohlhabend
geworden ist und sein Vermögen zum Nachteile des deutschen Volkes und der deutschen Republik aus dem Lande bringt.
Dann hat weiter der Herr Abgeordnete Kahl und mit ihm der Graf Westarp es ja wieder für angebracht gehalten, hier an
die Tränendrüsen besonders der deutschen Frauen zu appellieren. Es ist ja neuerdings Mode geworden bei den Herren auf
der Rechten, daß sie die Hohenzollern im Exil als die ärmsten und bedauernswertesten Leute hinstellen. Das erinnert mich
ein wenig an die Methode, die von Seiten gewisser katholischer Elemente unmittelbar nach dem Verdrängen des Papstes aus
seiner weltlichen Macht gehandhabt wurde. Damals wurden besonders am Rhein Bilder
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