1. Reichstag, Weimarer Republik


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beschwerte sich darüber bei jenem Eckart, der inzwischen als militaristischer Vertrauensmann des Herrn v. Graefe und so weiter verhaftet worden ist. Er schreibt:

Heil! Gestern Abend kam ich leider nicht dazu noch über das Wichtigste zu sprechen.
- In einer Zusammenkunft nach dem Versammlungsverbot! -
Es wurde leider zu viel geredet. Wir reden und reden, ob Jungdeutscher Orden oder S.A. Dabei kommt es doch darauf gar nicht an. Von politischen Parteien will das Volk gar nichts wissen…. Mein Aufruf will die Bildung von Kampftrupps als Überleitung zur Tatgemeinschaft. Bewegung schaffen ist alles. Lieber Eckart, in vier bis acht Wochen aus Cassel ein zweites München machen oder einpacken.
- Ich bin schon fürs schleunigste Einpacken! -

(Heiterkeit.)

Immer daß: Vorbereitung zur Tat, zur Tatgemeinschaft und, wie ich Ihnen noch vortragen werde, zum Losschlagen. Herr Wulle, der für den militärischen Kampf nicht in betracht kommen kann, wie ich vorher gesehen habe, scheint sich mehr für die finanzielle Seite der Dinge zu interessieren. Er legt in einem Brief an Herrn Eckart aus Cassel mehr Gewicht auf Geld als auf die Tat. Er schreibt unter anderem: Es müßten möglichst oft interne Besprechungen stattfinden, zu denen in allererster Linie finanzkräftige Leute eingeladen werden -

(große Heiterkeit links und Rufe: Juden! Heil!)

- aber weiter: es kommt noch besser -
in allererster Linie finanzkräftige Leute eingeladen werden zur Aufbringung von Geldern, die wir benötigen. Ich
- nämlich Wulle
habe gestern in einer vertraulichen Besprechung 19 Millionen herausgeholt.

(Stürmische Rufe bei den Vereinigten Sozialdemokraten und den Kommunisten: Hört! Hört! - Große Heiterkeit.)

Baurat Rosenthal

(stürmische Heiterkeit und Zurufe von den Vereinigten Sozialdemokraten und den Kommunisten: Juden! Juden!)

soll jeweils den Landesvorsitz übernehmen. Grüßen Sie, bitte, Dr. Kreis und Heins! Wulle.

Der Vertrauensmann Eckart des Herrn Wulle, an den er diesen Brief geschrieben hat, hatte Mitgliedsausweise folgender Organisationen bei sich: erstens Deutschvölkischer Schutz- und Trutzbund, zweitens Deutscher Treubund, drittens Deutschnationale Volkspartei,

(hört! hört! bei den Vereinigten Sozialdemokraten)

viertens Germanenorden, fünftens Deutschnationaler Volksverein, sechstens Nationalsozialistische Partei.

(Zuruf von den Vereinigten Sozialdemokraten: Im Ganzen billiger. - Heiterkeit)


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Die Vorbereitung für den Bürgerkrieg 11 , die Sie getroffen haben, sind bis in alle Einzelheiten getroffen worden. Meine Damen und Herren! 12 Entweder handelt es sich hier um ein Spiel von Leuten, die nicht wissen was sie tun, oder es handelt sich um Leute, die nicht wissen was sie tun; dann handelt es sich um Verbrecher, die bereit sind,

(stürmische Zustimmung links)

unser Volk in den blutigsten Bürgerkrieg hineinzutreiben.

(Erneute Zustimmung links.)

An Herrn Roßbach schreibt Herr v. Salomon, er habe eine erregte Auseinandersetzung mit seinen Freunden gehabt, und er habe den Standpunkt vertreten, daß die Sache als solche, "wichtiger sei als die Ruhe und Ordnung eines vollgefressenen dickwanstigen Spießervolkes".

(Heiterkeit links.)

Dann sagt er: Lassen Sie doch endlich den Film laufen! Der Deutschvölkischen Freiheitspartei stehen enorme Summen zur Verfügung. Das beweist unter anderem eine Aufstellung Roßbachs über den Bedarf für Propaganda innerhalb der Reichswehr: 11 Millionen Mark.

(Große Unruhe und Hört! Hört! links.)

An Beihilfen für 15 Organisationsbezirke werden angeführt 80 Millionen Mark. Zu alledem kommen aber noch riesige Summen für die militärische Ausbildung der Mannschaften, für Reisen usw. Über die völkische Propaganda in der Reichswehr und die Verbindungen zwischen Reichswehr und reaktionären Kreisen ist die Regierung verpflichtet, nun endlich dem Reichstag Auskunft zu geben!

(Lebhafte Zustimmung bei den Vereinigten Sozialdemokraten.)

Wir können uns das nicht mehr gefallen lassen. Entweder weiß die Regierung nichts, dann ist sie zu bedauern, oder sie weiß Bescheid, dann soll sie es auch endlich sagen.

(Erneute Zustimmung bei den Vereinigten Sozialdemokraten.)

Das Dümmste ist eine Vogel-Strauß-Politik. Wenn der Reichswehrminister den Paradeunfug, der da stattfindet mit Hindenburg und Ludendorff und allerlei Prinzen, nicht zum Stoppen bringen kann, dann muß mit ihm hier sehr energisch geredet werden.

(Stürmische Zustimmung links.)

Es ist für unsere Außen- und Innenpolitik einfach nicht mehr zu ertragen was der General Hindenburg, von dem wir alle wünschen, daß wir ihn dauernd achten können, jetzt tut. Wir fordern, daß er derartigen Unfug nicht weiter treibt, oder richtiger: für derartige Dinge nicht weiter mißbraucht wird. Hindenburg stellt sich hin und feiert den früheren Kaiser und seinen Sohn in Wendungen wie diese: "Seine Majestät, unser allergnädigster Kaiser, König und Herr." Wenn der General Hindenburg immer noch nicht begriffen hat, daß die Herrschaft eines allergnädigsten Herrn vorbei ist, soll er wenigstens aufhören zu reden und soll uns nicht Ungelegenheiten im Auslande bereiten. Das Heer, von dem Herr v. Hindenburg gesprochen hat, ist die Wehr der deutschen Republik, deren


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