1. Reichstag, Weimarer Republik


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Vorläufig besteht ja leider auch keine Aussicht, daß hier anhaltende Ruhe eintreten wird. Zweifelhafte Elemente sind noch in Hülle und Fülle im Bezirk vorhanden. Namentlich in den letzten Monaten sind solche in größerer Zahl erscheinen, für deren Unterbringung bewußt von kommunistischer Seite gearbeitet worden ist. Hier ein beweis: Wenige Tage vor Ausbruch des kommunistischen Putsches stand im Halleschen "Klassenkampf" eine Notiz unter dem lokalen Teile, in der es hieß, daß für zugereiste Fremde von den Parteigenossen Zimmer zur Verfügung gestellt werden möchten.

(Hört! Hört! bei den Deutschen Demokraten.)

Die Wirkung zeigte sich auch bald, denn schon nach wenigen Tagen sah man auf den Straßen der Stadt Halle und im ganzen Bezirk Elemente, die nicht gerade zu den Deutschen zu rechnen waren.

(Lachen bei den Vereinigten Kommunisten. Hört! Hört! bei den Deutschen Demokraten.)

Das ist eine feststehende Tatsache, die absolut nicht bestritten werden kann. Die vielfachen wirtschaftlichen Kämpfe, die in Mitteldeutschland stattgefunden haben, wurden von den Kommunisten zu politischen Aktionen gestaltet. Es war ganz erklärlich, daß man den mitteldeutschen Industriebezirk als ein besonders ergiebiges Gebiet für die Ausbreitung der kommunistischen Idee angesehen hat. Der Bezirk Halle, der Mittelpunkt des deutschen Verkehrs, eine Gegend reicher Naturschätze, besonders begehrenswert, um als Ausgangspunkt der kommunistischen Idee in Deutschland zu dienen. Schon in den Jahren 1919 und 1920 haben blutige Kämpfe in diesem Bezirk stattgefunden. Die Spuren der sogenannten kommunistischen Befreiungskämpfe waren noch nicht verwischt, als es von neuem losging. Wir haben in verschiedenen Orten die Herrschaft der Kommunisten während dieser beiden Jahre, wenn auch nur auf kurze Zeit, gehabt, eine Herrschaft der schlimmsten Gewalttätigkeiten und der Unterdrückung jeder Meinung, auch sehr oft bei den eigenen Genossen.

(Hört! Hört! bei den Deutschen Demokraten.)

Seit November wurde zu den gewalttätigen Kämpfen, zur Anwendung des schlimmsten Terrors aufgerufen. Man kann ruhig sagen, daß dieser letzte Putsch selten gut vorbereitet war; aber es kann auch gesagt werden, daß er für die Herren Kommunisten eine ebenso selten große Enttäuschung gebracht hat. Die Führer behaupteten vorher, die Massen seien nicht mehr zu halten, sie würden von ihnen geschoben. In Wirklichkeit war es umgekehrt. Die Massen wollten von gewaltsamen Aufständen nichts wissen, aber die Führer handelten nach den Weisungen Moskaus, sie waren es, die diese Bewegung entfesselt haben.

(Abgeordneter Höllein: Holen Sie doch ein Grammophon her!)

- Sie können ja nachher genug reden, Herr Höllein. Wir werden uns freuen, Ihre Ausführungen zu hören.

(Abgeordneter Höllein: Sie werden staunen! - Heiterkeit.)

- Das glaube ich auch.-

(Heiterkeit.)


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Die Urheberschaft am Aufstand könne die Führer nicht ableugnen. 7 Geradezu sinnlose Handlungen sind von den Kommunisten begangen worden 8 . Eine Anzahl Häuser unschuldiger Bürger, die sich nie an Politik beteiligt haben, ist zerstört worden. Charakteristisch ist, daß, wenn diese Bürger gefragt haben: ja, weshalb zerstört ihr denn gerade unserer Häuser, wir haben uns doch nie öffentlich oder sonstwie politisch betätigt, wir sind doch auch keine sogenannten Kapitalisten, dann die Kommunistenführer immer erklärt haben: ja, aber irgendwo muß einmal der Anfang gemacht werden, wir müssen den Kampf gegen den Kapitalismus auf diese Weise führen, und wenn dabei auch einmal Unschuldige getroffen werden, so haben sie sich bei den Vertretern des Kapitalismus zu bedanken. So ist in Hettstedt und in anderen Orten diesen armen Geschädigten auf die Bitte geantwortet worden.

(Hört! Hört! bei den Deutschen Demokraten.)

Wie sinnlos die Zerstörung von Post- und Gerichtsgebäuden, wie gleich verbrecherisch die Anschläge auf Brücken und Eisenbahn! Eine ganze Reihe von Schandtaten sind begangen worden. Man sträubt sich, überhaupt darüber zu sprechen. Aber ist es nicht geradezu abstoßend, wenn an Gefangenen solche Schandtaten begangen werden? Es steht fest, daß gefallene Sipoleute aufs gemeinste geschändet und Verwundete schrecklich zu Tode gequält wurden. Die vorliegenden Anträge verlangen, daß die Regierung die besonderen Ausnahmegesetze wieder zurückzieht9 . Wir sind der Meinung, daß Sondergerichte jetzt notwendig sind, auch im Interesse derjenigen, die vor diesen Gerichten zu erscheinen haben. Wir betonen dabei ausdrücklich, daß es uns fernliegt, irgendwelche Rachepolitik zu betreiben, sondern wir wünschen, daß Gerechtigkeit auch denjenigen gegenüber geübt wird, die sich Verfehlungen zuschulden kommen ließen. Schwere Strafen aber für die Urheber dieses unermeßlichen Unglücks!

(Sehr richtig! rechts, im Zentrum und bei den Deutschen Demokraten.)

Die Regierung sollte ihr besonderes Augenmerk auch auf die Verwendung des Dynamits richten. Die großen Dynamitmengen, die zu Sprengungen verwendet worden sind, stammen zum größten Teil aus dem Mansfelder Bergbau. Sie konnten dort entwendet werden, weil zwar äußerlich peinliche Kontrollvorschriften von der Direktion vorgeschrieben, aber von untergeordneten Organen nicht genügend beachtet worden sind. Eine große Gefahr für die Zukunft besteht dann aber auch in der Arbeitslosigkeit, die durch die Entlassungen zahlreicher Arbeiter eingesetzt hat. Wir können es auch verstehen, wenn die Unternehmer die mißliebigen Elemente, die Hetzer, aus ihren Betrieben entlassen haben. Es ist aber geradezu töricht, wenn jetzt der Gedanke vertreten wird, diese vielen, namentlich Jugendlichen weiterhin arbeitslos zu lassen. Das wäre die größte Torheit, die gemacht werden könnte. Wir hoffen und wünschen im Gegenteil, daß mit diesen Leuten, wenn


7S. 3368A
8S. 3368D
9S. 3370D

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